Das "Opata"-Smartphone mit 5.7 Zoll-Display. Es läuft mit Mediateks MTK 6589-Quadcore-Plattform, die mit dem MTK 6589T demnächst einen etwas schnelleren Bruder bekommt. Das Testmuster wurde uns von Chinavasion zur Verfügung gestellt, einem Händler für Elektronik und Smartphones aus China.

Foto: derStandard.at/Pichler

Das Gerät ist gut verarbeitet und flott. Das Display spiegelt jedoch ziemlich stark und weist bei spitzeren Betrachtungswinkeln nicht die höchste Farbtreue auf.

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Für die Preisklasse liefert die Kamera gute Bilder.

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Auch Nahaufnahmen gelingen.

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Die Qualität von Abendaufnahmen ist akzeptabel.

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Anstelle der Standard-Kamera ist eine im Samsung-Stil gehaltene App vorinstalliert. Sie beherrscht ein paar Tricks mehr, jedoch nicht so viele wie das Original. Photosphere fehlt leider.

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Neben einem Headset sowie einem Zweit-Akku liegen dem "Opata" auch noch zwei Cover bei.

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Größenvergleich von links nach rechts: ZTE Grand X In (4,3 Zoll), Sony Xperia Z (5,0 Zoll) und das "Opata" (5,7 Zoll).

 

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Vergleich: Hand vs. Telefon.

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Mit dem Daumen sind rund 60 Prozent des Displays erreichbar.

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Dank des Fünfzöller-Booms fällt auch ein Riese wie das "Opata" beim Telefonieren ästhetisch nicht weiter auf.

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Es ist wieder Zeit, eine Idee auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen. Nachdem der WebStandard schon vor wenigen Monaten herausgefunden hat, dass es möglich ist, ein Smartphone und ein Tablet für insgesamt 100 Euro zu erwerben, die für diesen Preis erhältlichen Produkte aber nur bedingt glücklich machen, tauchen wir nun in die Welt der Riesen-Displays ab und gehen der Frage nach: Wie viel Sinn macht ein Bildschirm mit 5,7 Zoll?

Solide Ausstattung

Testobjekt ist das Quadcore-Smartphone "Opata", das uns vom Gadget- und Elektronikhändler Chinavasion zur Verfügung gestellt wurde. Das Gerät, das für rund 160 Euro verkauft wird, nutzt als Plattform den MTK 6589-Chip von Mediatek. Auf diesem befindet sich eine Cortex-A7 Quadcore-CPU mit 1,2 GHz Taktrate, ein GB Arbeitsspeicher sowie ein PowerVR SGX 544MP Grafikbeschleuniger.

Acht Gigabyte Platz bietet der Onboardspeicher, der via microSD-Karte um bis zu 32 GB erweiterbar ist. Wie es bei Chinaphones zum guten Ton gehört, finden sich im Telefon gleich zwei SIM-Slots. Einer davon wird vom 3G-Modem angesprochen, der andere lässt nur Telefonie und 2G-Verbindungen zu. Das Telefon kann auch noch Verbindungen per Bluetooth, n-WLAN und seinen microUSB-Port herstellen. Für Navigation ist GPS an Bord, NFC gibt es nicht. Das Ganze steckt in einem Kunststoffgehäuse, das ordentlich verarbeitet ist. Insbesondere die Vorderseite erweist sich als sehr anfällig für Fingerabdrücke.

Groß und schwer

Nun zum Display, das bestimmend für den gesamten Formfaktor des Gerätes ist. 5,7 Zoll bedeutet, dass zwischen einem Eck des Bildschirms und dem jeweils schräg gegenüberliegenden rund 14,48 Zentimeter Platz ist, den 1.280 x 720 Pixel füllen. Das gesamte Gerät nimmt einen Platz von 15,6 x 8,1 x 0,9 Zentimeter ein. Mit dem 3.000 mAh-Akku bringt es stolze 217 Gramm auf die Wage und ist damit durchaus als Schwergewicht einzustufen.

Vanilla Experience

Als Betriebssystem ist ein weitgehend im "Vanilla"-Zustand belassenes Android 4.2.1 installiert. Positiv fällt hier auf, dass auf chinesische Zusatzsoftware verzichtet wurde. Als Systemsprache ist Englisch voreingestellt, eine Umstellung auf Deutsch ist ohne Weiteres möglich. Nach etwaigen Systemupdates muss man selbst recherchieren, ROMs für das "Star S7589" dürften auf dem "Opata" problemlos laufen. Zumindest die für das Star-Modell modifizierte ClockWork Mod lässt sich darauf flashen, über diese gelingt dann auch der Root.

Großzügig ist man beim beigelegten Accessoir. Neben einem Headset und dem Ladegerät finden sich in der neutralen Verpackung mit dem erfrischend falschen Slogan "Signal is a clear smooth talk" auch noch ein zweiter Akku, eine Displayschutzfolie und zwei verschiedene Cover, wobei eines davon anstelle der Batterieabdeckung montiert wird und über eine Displayabdeckung verfügt.

Performanter Samsung-Klon

Zum Offensichtlichen: das Design des Gerätes haben sich die Hersteller ganz klar bei Samsung abgeschaut. Die Elemente unter und oberhalb des Bildschirms sind eine Mischung aus der Galaxy S- und der Note-Reihe. Das ist in diesem Falle aber passend, denn Samsung wird unter dem Namen "Galaxy Mega" zwei Geräte mit einer Display-Diagonale von 5,8 bzw. 6,3 Zoll in den Handel bringen. Andere Hersteller könnten folgen, so wie einst das "Galaxy Note" die Geburt der Fünf-Zoll-Kategorie markierte.

Benchmarkseitig schlägt sich der Riesen-Klon ordentlich. Knapp 13.000 Punkte erreicht das "Opata" beim AnTuTu-Allroundtest. Das sind in etwa 5.000 Zähler weniger als das Nexus 4 bietet und rund 10.000 weniger als das Galaxy S4 und reicht zur Einstufung in den unteren Highend-Bereich, oder – je nach persönlicher Abgrenzung – die obere Mittelklasse. Genau genommen platziert sich das Gerät zwischen Googles Nexus 7-Tablet und dem HTC One X.

Im Schnitt 54 Frames die Sekunde liefert das Telefon beim Epic Citadel-Grafikbenchmark, es sollte also auch aufwendigere Spiele flüssig darstellen können. Im Vellamo-Browserbenchmark (HTML5) bringt es das "Opata" auf 1.450 Zähler, was circa am Niveau des Galaxy S3 liegt.

Leistungsmäßig schlägt sich das Gerät gut. Das System läuft flüssig und verzögerungsfrei, Apps starten schnell und laufen stabil. Ob der Akku die versprochenen 3.000 mAh tatsächlich liefert, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Unterzieht man das Smartphone einer Ingress-Tour als Lackmustest, ist nach anderthalb bis zwei Stunden Zeit fürs Ladegerät. Unter Berücksichtigung dessen, dass ein Display dieser Größe sich erheblich auf den Stromverbrauch auswirkt, ist das ein ordentliches Ergebnis.

Display, Kamera, Audio

Der Bildschirm selbst liefert gute Farbdarstellung, könnte aber bei spitzeren Winkeln eine bessere Farbtreue liefern. Der Inhalt bleibt aber in der Regel erkenn- bzw. lesbar, unter Sonnenlicht spiegelt das Glas jedoch sehr stark.

Einen überraschend guten Eindruck für die Preisklasse macht die Kamera. Sowohl Fotos und Videos gelingen schnell und in ansehnlicher Qualität, wenngleich bei näherem Hinsehen der Verlust kleinerer Details auffällt. Selbst bei abendlichen Bedingungen liefert die acht MP-Kamera relativ akzeptable Bilder, wenngleich sie hier Topgeräten wie dem Lumia 920 oder HTC One merklich unterlegen ist. Die Frontkamera liefert zwei Megapixel, die Foto- und Videoqualität ist okay.

Die Tonqualität bei Telefonie ist durchschnittlich. Gleiches gilt für die Audioausgabe über den integrierten Lautsprecher. Absolut positiv sticht das GPS-Modul heraus, das in Verbindung mit AGPS und EPO-Hilfsbestimmung bei gutem Wetter in der Wiener Innenstadt trotz naher, hoher Gebäude bis auf drei Meter genau funktioniert hat. Dies ist um so erstaunlich, da es bei Telefonen auf Basis des Vorgängerchipsatzes (MTK 6577) hier oft zu Schwierigkeiten gekommen ist.

(Video: Testaufnahme in Full HD, erstellt mit dem "Opata"-Smartphone)

Zweihänder

Nun aber zum ungewohnten Formfaktor. Hat man das "Opata" eine Weile benutzt, gewöhnt man sich prinzipiell daran, ein Handy mitzuschleppen, das in den meisten Anwendungsfällen mit zwei Händen bedient werden muss. In der Tat lässt sich etwa in der U-Bahn beobachten, dass viele Leute auch kleinere Telefone (etwa das iPhone 5 mit vier Zoll großem Bildschirm) häufig beidhändig bedienen.

Jene, die wirklich vieles mit einer Hand erledigen wollen, schauen bei 5,7 Zoll auf jeden Fall durch die Röhre, selbst wenn sie große Hände haben. Mit dem Daumen, dem "Bedienfinger" bei einhändiger Verwendung, sind rund 60 Prozent des Touchdisplays vernünftig erreichbar. Definitiv unhandlich ist das "Opata" beim Fotografieren.

Telefon, Tablet, Phablet?

In Sachen Übersicht und Leserlichkeit hat das für ein Smartphone ausufernde Display wiederum seine Vorteile. Das Betrachten von Websites und Fotos macht in 720p-Auflösung auf dem "Opata" Sinn und Freude.

Bei diesen Dimensionen kann das Gerät auch schon mal als Tabletersatz einspringen, wenngleich für Serien- und Filmgenuss sieben oder zehn Zoll sicherlich empfehlenswerter sind. Das Format stellt grundsätzlich eine Option für jene Nutzer dar, die anstelle von Telefon plus Tablet lieber auf ein einzelnes Gerät setzen wollen. Für die Zwischenstufen zwischen beiden Gerätearten hat sich unter Tech-Freunden mittlerweile der Begriff "Phablet" etabliert.

Nichts für die Hosentasche

Probleme gibt es bei Bedienelementen im oberen Bereich des Screens. Wer diese ohne Zuhilfenahme der zweiten Hand erreichen will, muss das Telefon am Handteller hin- und herschieben. Das erhöht freilich das Risiko, es fallen zu lassen oder versehentlich mit dem Ballen etwas anzutippen.

Als zweites Problem erweist sich der Transport. Sofern das "Opata" überhaupt in die vordere Hosentasche passt, lebt das Gerät dort gefährlich. Beim Hinsetzen besteht akute Gefahr, mangels Platz Druck auf das Telefon auszuüben, was die Gefahr birgt, dass es Schaden nimmt. Selbst in einer normalen Jackentasche ist ein 5,7 Zoll-Telefon fast deplatziert. Es empfiehlt also entweder eine große Innentasche oder eine externe Verstauung in Hand- oder Umhängetasche.

Nische vermutlich vorhanden

Obwohl das "Opata" nicht über eine raue oder sonst wie besonders auf Griffigkeit ausgelegte Oberfläche verfügt, gibt es bei diesem Format beim Telefonieren keine Probleme beim Halten des Geräts. Selbst in ästhetischer Hinsicht fällt nach der Etablierung der Fünfzöller ein Phone mit 5,7 Zoll beim Telefonieren nicht weiter auf.

Bei einer Umfrage unter Redaktionsmitgliedern und unter einigen Passanten auf der Straße, schätzten rund zwei Drittel der Leute das Telefon als "zu groß" ein. Freilich ergibt sich daraus kein repräsentatives Bild, aber angesichts dessen, dass es schon länger eine Reihe Chinaphones gibt, die auf dieses Format setzen oder gar die Sechs-Zoll-Grenze durchstoßen, ist es gut möglich, dass sich auch hierfür eine ertragreiche Nische findet.

Fazit: Grenzerfahrung

Das "Opata" (das es mit fast identen Spezifikationen auch in weniger Samsung-mäßiger Optik unter anderen Namen gibt) macht für seinen Preis von rund 160 Euro eine absolut gute Figur. Das Gerät ist performant, gut verarbeitet, bringt eine taugliche Kamera mit und kann grundsätzlich alles, was gebraucht wird. Einzig die Farbechtheit des Bildschirms bei spitzen Winkeln könnte wie erwähnt besser sein.

Mit 5,7 Zoll überschreitet das "Phablet" jedoch teilweise die Grenzen der Handlichkeit. Im normalen Bedarf funktioniert ein so großes Display, vorausgesetzt man hat keine prinzipiellen Abneigungen gegen beidhändige Bedienung. Hosentaschentransport geht sich bei diesem Gerät allerdings nicht aus, sofern man nicht mit Cargo Pants unterwegs ist.

Freud und Leid als Geschmacksfrage

Dafür – und das spricht jene Zielgruppe an, die sich schon damals mit dem Galaxy Note als Fünfzöller-Premiere anfreunden konnte und auch dessen etwas größeren Nachfolger mag – liefert ein Display dieser Größe natürlich mehr Übersicht und erfreut besonders beim Browsen, Lesen und Medienkonsum allgemein.

Am Ende sind 5,7 Zoll eine Geschmacksfrage. Wer sein Telefon schnell in der Kleidung verstauen können will und ohnehin kein Problem mit Displays normaler Größe hat, wird mit einem Gerät wie dem "Opata" oder Samsungs zukünftigem "Mega" wohl nicht glücklich. Gleiches gilt auch für Menschen mit kleineren Händen.

Wer heute schon zu einem Fünfzöller greift, ohne diese Größe automatisch als die Grenze des Sinnvollen zu verstehen, könnte sich auch an etwas mehr erfreuen. Alle anderen werden so ein Gerät wohl einmal selbst testweise in Händen halten müssen, um sich ein Urteil zu bilden. (Georg Pichler, derStandard.at, 15.05.2013)

Update, 15.05., 16:30 Uhr: Samsung hat bereits vor einiger Zeit bestätigt, dass man ein "Galaxy Mega" in den Handel bringen wird. Dies wird nun im Artikel korrekt wiedergegeben.