Aus individueller Sicht spricht vieles für das Homeoffice, vieles aber auch dagegen.

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Natürlich ist es nicht so, dass mit Marissa Mayers Kehrtwende bei Yahoo! und ihrem Aufruf "zurück an die Bürotische" dem Homeoffice gleich global der Garaus gemacht worden ist. Ein Dämpfer war es dennoch für viele – vor allem für viele Frauen. Nicht zuletzt hat die Yahoo-Chefin selbst vom Homeoffice profitiert. Warum auch nicht? Hängt doch am Homeoffice die Möglichkeit vor allem Job und Familie halbwegs vernünftig vereinen zu können. Dass die Arbeit im Homeoffice sich nicht für jede Position und Funktion wie auch nicht für den Arbeitsstil aller eignet, ist genauso klar wie das Gegenteil. Die erwartbaren Stimmen jener, die sich argumentativ auf Mayers Seite schlugen, ohne zu wissen, warum die Yahoo-Chefin überhaupt so entschieden hat, blieben nicht aus. Hier steht die Präsenzkultur am Arbeitsplatz der "unkontrollierten Arbeit" von zu Hause gegenüber.

Flexibilität erhöht die Produktivität

Um seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Möglichkeit bieten zu können, auch von zu Hause zu arbeiten, müssen Unternehmen flexibel agieren. Und die meisten – zumindest die meisten größeren Unternehmungen – handeln auch nach dieser Maxime. Nicht zuletzt auch, als zahlreiche Studien immer wieder belegen, dass Flexibilität die Produktivität, die Gesundheit und den Arbeitsethos erhöht. Mit der Möglichkeit im Homeoffice zu sein, steigt die Zufriedenheit im Job signifikant, so die Wissenschaft: Die Spannungen zwischen Job- und Familienleben werden reduziert, denkt man etwa an die Vereinigten Staaten (aber nicht nur) mit oft sehr langen Anfahrtswegen ins Büro, Staus morgens und abends – nur einige Tage im Homeoffice unterstützen das persönliche Wohlbefinden sicher sehr. 

Faktor Umwelt

Auch positive Faktoren auf die Umwelt (weniger Emissionen durch weniger Pendler) sind mittlerweile schwer wiegende Argumente. Und auch wenn viele dagegen sind: Die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, erhöht die Attraktivität als Arbeitgeber. Und sie ist schon weit verbreiteter als gedacht. In den Schwellenländern wie Indien, China oder Südafrika ist Telearbeit weit verbreiteter als in den alten Industrieländern. Die Vereinbarkeit nicht nur von Kind und Job sind wichtig, zunehmend wird auch die Pflege von Angehörigen als tragendes Argument ins Feld geführt. Präsentismus wird à la longue nicht mehr gelebt werden können, das ahnen auch die Hardliner in Sachen Anwesenheitskultur.

Austausch

Am Gelingen der (Zusammen)Arbeit aus dem Homeoffice muss gearbeitet werden: der isolierte, sich selbst ausbeutende Telearbeiter ist ebenso wenig gewollt, wie das Gefühl der Vorgesetzten, ihre Homeoffice-Worker überhaupt nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Wie auch hier hängt vieles an einer gut funktionierenden Kommunikation – es geht um den Kontakt. Denn, wenn die Arbeit von zu Hause nicht funktioniert, liegt das nicht allein an dem, der zu Hause ist, sondern auch daran, dass sich das Unternehmen nicht ausreichend um guten Austausch bemüht hat. So könnte es auch im Falle von Yahoo gewesen sein, mutmaßen viele. Beim Kontakt nach innen wie nach außen geht es um möglichst exakte Abstimmung im Zuge von zum Beispiel Projekten. Sehr wahrscheinlich bedeutet die Koordination der Aufgaben auch über Homeoffices für Führungskräfte einfach auch mehr Aufwand und Arbeit. Denn die Arbeit von zu Hause kann zwar geplant und zeitlich durchgetaktet werden, genutzt wird sie aber auf flexibler Basis – oft keine leicht Managementaufgabe.

Aus individueller Sicht spricht vieles für das Homeoffice, vieles aber auch dagegen.

Wer Ruhe braucht, um Dinge aufzuarbeiten, ist zu Hause oft besser dran: keine Störungen durch Tratsch oder Zeitverschwendung durch zahlreiche, sinnlose Meetings. Auch bei langen Anfahrtszeiten ins Büro schaffen zwei oder drei Tage Homeoffice Abhilfe. Sind Kinder krank oder müssen zum Arzt, sind flexible Lösungen sehr geschätzt. Viele fühlen sich durch geforderten Präsentismus persönlich eingeschränkt – die Motivation kann dadurch ins Bodenlose sinken.

Kontrollverlust

Die Nachteile liegen natürlich auch auf der Hand: Was häufig von Unternehmensseite beklagt wird – nämlich ein Kontrollverlust -, hat auch auf Seiten des Mitarbeiters negative Seiten: das Netzwerk wird bei "permanentem Rückzug" deutlich geschwächt, der Anschluss zum Team wird loser. Viele neigen im Homeoffice dazu sich entweder auszubeuten (etwa durch Arbeit zu jeder Tages- und Nachtzeit) oder – das Gegenteil – komplett disziplinlos zu werden, zum Beispiel keine Termine mehr einzuhalten.

Die allermeisten Unternehmen wie auch deren Mitarbeiter für die Homeoffice eine gut funktionierende Alternative zum Büro ist, fördern ein "Sowohl-als-Auch". Gut gemanagt fördert dieser Modus Loyalität, Vertrauen und vor allem Produktivität und Freude an der Arbeit. (Heidi Aichinger, derStandard.at, 6.5.2013)