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Fonds und deren Berater rieten den Aktionären, die Wahl des Österreichers Mayrhuber in den Aufsichtsrat nicht zu unterstützen.

Foto: apa/Maurizio Gambarini

Wolfgang Mayrhuber gab auf: Während einflussreiche deutsche Aktionäre dem Ex-Lufthansa-Chef Fehler aus der Vergangenheit vorwerfen, sehen angelsächsische Investoren die Nähe zum aktuellen Vorstand und die Vielzahl von Mayrhubers Aufsichtsmandaten kritisch.

Wien - Einen Tag vor seiner Wahl zum Aufsichtsratschef der Lufthansa zog Ex-Airline-Chef Wolfgang Mayrhuber am Montag überraschend seine Kandidatur zurück. Der Grund: massive Kritik von Fondsvertretern an der kurzen "Abkühlzeit" von zwei Jahren nach seinem Ausscheiden als Vorstandschef sowie seine zahlreichen Aufsichtsratsfunktionen (Infineon, BMW, Münchener Rück, AUA).

Für Ingo Speich, Portfoliomanager bei Union Investment und zuständig für aktives Aktionärstum, waren es nicht die Ämter, die Mayerhuber bereits innehat. Vielmehr hinterfrage Speich die "alte Strategie, für die Mayerhuber verantwortlich war. Er hat in der Vergangenheit Entscheidungen getroffen, die noch heute negativ auf die Lufthansa wirken." Der neue Sanierer an der Spitze der Lufthansa, Christoph Franz, brauche aber vollen Rückhalt eines unvoreingenommenen Aufsichtsrats, sagte Speich zum Standard. Er werde daher auch gegen Karl-Ludwig Kley, den ehemaligen Finanzvorstand der Lufthansa, als Aufsichtsrat stimmen. Kley ist mittlerweile Chef des Chemie- und Pharmaunternehmens Merck.

Auch bei einigen Mitarbeitern machte sich Unmut über Mayrhuber breit. Mayrhuber habe als Konzernlenker den Kauf verlustreicher Konkurrenten (AUA, bmi, Brussels) forciert, dabei jedoch Entscheidungen zur Erneuerung der Flotte, zum Ausbau der Billigfluggesellschaft Germanwings oder zur Expansion in Asien vernachlässigt, lautete der Tenor der Vorwürfe, die unlängst in einem anonymen Brief von führenden Mitarbeitern verbreitet wurden.

"Überzogene Kritik"

Christoph Franz, der 2011 als neuer Vorstandschef Mayrhuber nachfolgte, hält die Kritik am Amtsvorgänger für überzogen. Mayrhubers Entscheidungen müssten aus der damaligen Zeit heraus, in der sie gefällt wurden, und nicht mit dem Wissen, das man heute zur Verfügung habe, beurteilt werden.

Zu den Kritikern an der Bestellung Mayrhubers gehörte auch die einflussreiche Organisation Institutional Shareholder Services (ISS), die Fondsgesellschaften und andere institutionelle Investoren berät. Sie legte den Aktionären vor der Hauptversammlung heute Dienstag nahe, Mayrhubers Wahl nicht zu unterstützen. Adressaten der ISS sind ausländische Aktionäre, die an der Lufthansa rund 36 Prozent halten.

Zwar war der designierte Nachfolger Webers nach seinem Abschied als Vorstandsvorsitzender nicht direkt in den Aufsichtsrat gerückt und habe die Lufthansa für zwei Jahre verlassen, um die Anforderungen an eine gute Unternehmensführung (Corporate Governance) zu erfüllen, heißt es, doch diese "Abkühlungsphase" erscheint den ISS-Vertretern als zu kurz.

In Deutschland ist der Wechsel vom Vorstandsvorsitzenden zum Aufsichtsratschef häufiger als in Österreich. Auch Jürgen Weber war, bevor er Chefaufseher bei der Lufthansa wurde, Lufthansa-Boss.

Vergleichbare Beispiele in Österreich sind laut Aktionärsvertreter Wilhelm Rasinger: EVN (Rudolf Gruber, Burkhard Hofer), Michael Gröller bei Mayr-Melnhof, Hubert Palfinger bei der gleichnamigen Kran-Firma und der Kärntner Banker Wolfgang Kulterer.

Die Lufthansa ist nicht der erste Dax-Konzern, den ISS in die Knie zwang: Die Berater machten jüngst auch Front gegen die Fusion der Telekom-Krisentochter T-Mobile USA mit dem US-Rivalen MetroPCS. Telekom knickte ein und verbesserte ihre Übernahmeofferte. (Claudia Ruff, Lukas Sustala, DER STANDARD, 7.5.2013)