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"Für den nächsten Trainer bin ich ein unbeschriebenes Blatt. Ich werde mich empfehlen."

Foto: Reuters/Zolles

Mit 51 Punkten steigt man im Normalfall nicht ab, die Wolverhampton Wanderers haben es mit einem fürchterlichen Saisonfinish trotzdem geschafft. Vor Saisonbeginn als Aufstiegsaspirant in die Premier League gehandelt, endete die Spielzeit mit dem Abstieg in die League One, die dritte englische Spielklasse. ÖFB-Legionär Georg Margreitter durfte heiße 11 Minuten ran, über eine verkorste Saison sprach er mit Philip Bauer.

derStandard.at: Zu Saisonanfang stand der Wunsch nach dem Aufstieg, am Ende der Abstieg. Wie konnte das passieren?

Margreitter: Wir hatten tatsächlich einen großen und ausgeglichenen Kader. Mit Ståle Solbakken sollte Spielkultur statt Kick and Rush praktiziert werden. Es war vom Verein wohl zu ungeduldig, ihm nur sechs Monate Zeit zu geben. Mit Dean Saunders wurden dann wieder die englischen Tugenden forciert. Das hat nicht funktioniert. Die Negativspirale hat sich kontinuierlich nach unten gedreht.

derStandard.at: Man liest im Guardian, dass es den Wolves an Teamspirit gemangelt hätte.

Margreitter: Unser Problem lag in der Kabine, zu viele Spieler waren satt. Sie verdienen sehr viel Geld, fahren große Autos und sind damit zufrieden. Der Hunger, den ein junger Spieler mitbringt, war einfach nicht da. Das hat man auch im Training gemerkt, Qualität auf dem Papier ist nicht ausreichend.

derStandard.at: Wie kommt es bei Profis zu einer solch mangelhaften Einstellung?

Margreitter: In der Premier League haben sie Woche für Woche eine drüber bekommen. Einige wollten wohl gar nicht dorthin zurück, sondern in der Championship eine ruhige Kugel schieben. Gerade bei Führungsspielern ist so eine Einstellung fatal.

derStandard.at: Schon mal derartiges erlebt?

Margreitter: Nein. Bei der Austria war jeder hungrig, jeder wollte gewinnen. Lauter junge Spieler, die noch keinen Titel auf der Visitenkarte stehen haben. Und jetzt sieht man, wo sie in der Tabelle stehen.

derStandard.at: Wo muss Wolverhampton nach diesem Tiefschlag ansetzen?

Margreitter: Ich hoffe, dass jetzt ein Schnitt kommt. Man muss den Verein auf neue sportliche Beine stellen, einmal ausmisten. Das klingt vielleicht rabiat, aber es wird wohl notwendig sein.

derStandard.at: Warum sind Sie trotz der schwachen Leistungen der Mannschaft nicht zum Zug gekommen?

Margreitter: Zuerst war ich verletzt, und als ich wieder bereit war, wurde mit dem Trainer mein Fürsprecher entlassen. Das hat die Situation für mich nicht einfacher gemacht.

derStandard.at: Haben Sie mit Saunders über Ihre Situation gesprochen?

Margreitter: Er meinte, ich sei spielerisch der stärkste Innenverteidiger, im Abstiegskampf wollte er aber zwei Riesen drin stehen haben, die alles aus der Box schießen. Auf Spielkultur wollte er erst in der kommenden Saison setzen.

derStandard.at: Dazu wird es aber nicht mehr kommen.

Margreitter: Saunders wurde mit Saisonende entlassen. Für den nächsten Trainer bin ich ein unbeschriebenes Blatt. Ich werde mich empfehlen.

derStandard.at: Hatten Sie mit Saunders ein menschliches Problem?

Margreitter: Nein, wir haben uns sogar gut verstanden. Er hat sich sogar öfters entschuldigt, dass er mich nicht einsetzt. Auf der rechten Seite konnte er mich nicht spielen lassen, da er zwei gelernte Rechtsverteidiger auf der Bank sitzen hatte.

derStandard.at: Muss man die Aussagen gegenüber Ersatzspielern immer ernst nehmen?

Margreitter: Sagen wir es so: Nach sechs Profijahren kenne ich auch die Floskeln, um einen Spieler hinzuhalten.

derStandard.at: Wie geht es jetzt sportlich mit Ihnen weiter?

Margreitter: Ich habe noch drei Jahre Vertrag, fühle mich körperlich topfit. Ich brauche jetzt Einsatzminuten, und die werde ich nach der Sommerpause auch bekommen. Im schlimmsten Fall spiele ich ein Jahr League One und dann wieder Championship. Es kann ganz schnell wieder nach oben gehen.

derStandard.at: Ihr Verbleib bei den Wolves ist also gewiss?

Margreitter: Nein, diese Entscheidung ist noch nicht fix, auch eine Leihe ist denkbar. Bei meinem Berater geht die Arbeit jetzt richtig los. Ich bin aber froh, dass ich noch einen langfristigen Vertrag habe, sonst wäre der Druck sehr groß.

derStandard.at: Wohin könnte die Reise gehen?

Margreitter: Ich habe mehrere Kontakte zu englischen Vereinen, es gibt vielleicht die Möglichkeit auf eine Leihe in der Championship. Auch Deutschland ist eine Option. Aber das ist alles nur Spekulation.

derStandard.at: Die Gerüchteküche sah Sie bereits in Wolfsberg.

Margreitter lacht. (Philip Bauer; derStandard.at; 8.5.2013)