Manfred Haimbuchner übt Kritik an FP-Kollegen in anderen Bundesländern.

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STANDARD: Die FPÖ hat heuer bei den Landtagswahlen so viel verloren wie keine andere Partei. Woran liegt das?

Haimbuchner: Eine Partei kann nur dort erfolgreich sein, wo sie auch gut organisiert ist.

STANDARD: Das ist bei der FPÖ gleich in drei Bundesländern nicht der Fall?

Haimbuchner: In Niederösterreich haben wir immer Probleme gehabt, das ist ja keine Neuigkeit. In Tirol kennen wir die Schwächen auch. Kärnten ist sowieso ein Sonderfall. Jetzt ist das Phänomen Stronach dazugekommen. Wir haben in den 1990er-Jahren selbst von den Proteststimmen profitiert, jetzt dürfen wir uns nicht wundern, wenn ein Neuer auftaucht und ein gewisses Potenzial abräumt. Die Leute sind angefressen, darum wählen sie Stronach.

STANDARD: Früher sind sie zur FPÖ gegangen.

Haimbuchner: Die FPÖ hat während ihrer Regierungsbeteiligung ja nicht nur Gutes vollbracht. Wir haben eine schwierige Zeit hinter uns, da kann die derzeitige Parteiführung nichts dafür.

STANDARD: In Niederösterreich kann sich Bundesparteichef Strache offenbar nicht gegen die Landesparteiführung durchsetzen.

Haimbuchner: Das werden wir erst sehen. Da gibt es große Diskussionen. Ich glaube, dass diese jüngsten Wahlen manche in den Landesparteien wachgerüttelt haben. Man kann nicht nur auf Protest setzen und glauben, mit einem guten Bundestrend mitschwimmen zu können. Man muss auch selbst etwas tun. Das ist Knochenarbeit.

STANDARD: Zeugt das nicht auch von einer Führungsschwäche, wenn sich Strache in den Ländern nicht durchsetzen kann?

Haimbuchner: Wir sind eine föderale Partei, die Länder sind keine Befehlsempfänger der Bundespartei. Selbst wann der Bundesparteiobmann möchte, hat er kein Durchgriffsrecht bei uns. Die FPÖ ist keine Führerpartei. Die Landesparteien sind selbst verantwortlich, allerdings müssen sie diese Verantwortung auch wahrnehmen. Das ist nicht in allen Ländern der Fall.

STANDARD: Haben Sie nicht auch ein Problem mit den Themen? Außer Ausländern und EU scheint es nichts zu geben.

Haimbuchner: Die FPÖ ist sicher keine Zwei-Themen-Partei. Da gibt es zahlreiche Initiativen. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal eine sogenannte Ausländerproblem-Pressekonferenz gemacht habe. Aber das Integrationsthema ist ein wichtiges Thema, auf dem wir draufbleiben. Dazu stehe ich. Aber nicht unter dem Motto "Daham statt Islam". Unsere Botschaft muss sein, dass für ein gedeihliches und friedliches Zusammenleben ein guter Integrationsprozess notwendig ist.

STANDARD: Wie werden Sie Generalsekretär Herbert Kickl davon abhalten, neue Slogans à la "Daham statt Islam" zu texten?

Haimbuchner: Wir werden mit Sicherheit keinen Ausländerwahlkampf führen wie etwa 2006.

STANDARD: Warum nicht, was ist der Unterschied zu 2006?

Haimbuchner: Das war damals eine ganz andere Situation, da hat die FPÖ ums Überleben gekämpft. Damals hat man eben auf härtere Botschaften gesetzt.

STANDARD: Jetzt geht es der Partei auch nicht rosig, warum keine härteren Botschaften?

Haimbuchner: Ich würde davon abraten, das noch einmal zu machen.

STANDARD: In Salzburg hat man von Landesobmann Karl Schnell kaum etwas gehört - bis er sich mit einem Umvolkungssager zu Wort gemeldet hat. Ist das eine bewusste Strategie?

Haimbuchner: Man weiß natürlich bei bestimmten Begriffen, dass es eine mediale Empörung geben wird und alle auf das Thema draufsteigen.

STANDARD: Greifen Sie auch darauf zurück? Ein bisschen Umvolkung, wenn Ihnen sonst nichts einfällt?

Haimbuchner: Ich mach das nicht.

STANDARD: Und Ihre Gesinnungsfreunde?

Haimbuchner: Das ist in ihrer Verantwortung. Ich brauch den Begriff Umvolkung nicht, um in den Medien vorzukommen.

STANDARD: Die FPÖ fällt immer wieder durch ihre Nähe zum Rechtsextremismus auf. Das sind auch Funktionäre Ihrer Landesorganisation. Mehrere Funktionäre mussten zurücktreten, auch der Linzer FP-Klubchef. Warum ist die nationalsozialistische Ideologie für freiheitliche Funktionäre so attraktiv?

Haimbuchner: Es gibt tatsächlich ein Problem, diesem muss man sich stellen. Ich bin absolut unglücklich über die Vorfälle, die es in Oberösterreich gegeben hat. Wenn wir gewusst hätten, was es bei manchen Personen für ein Vorleben gegeben hat, die wären nie auf die Liste gekommen. Es hat auch Verurteilungen gegeben, auch wegen NS-Wiederbetätigung, der wäre nie Parteimitglied geworden, wenn wir das gewusst hätten. Die Leute wurden entfernt. Jede Partei hat einen Narrensaum. Die FPÖ hat eben diesen Narrensaum, den gibt es. Bei uns schaut man natürlich - auch zu Recht - mit Argusaugen auf diesen Rechtsaußen-Rand. Ich gebe das offen zu, wir haben da ein Problem. Das ist aber nicht die Linie der FPÖ, und diese Umtriebe ärgern mich. Ich will mit diesen Dingen nichts zu tun haben. Aufgrund der Vorfälle von Knittelfeld und der Spaltung der Partei ist ein gewisses Vakuum geschaffen worden. In dieses Vakuum sind gewisse Personen eingedrungen. Aber das sind nur eine Handvoll Personen, vielleicht ein Dutzend. Die müssen wir wieder loswerden.

STANDARD: Nach der Abspaltung des BZÖ hat die FPÖ also regen Zulauf von Leuten mit rechtsextremer Gesinnung bekommen?

Haimbuchner: Nicht Zulauf. Aber es hat einige Personen gegeben, die ein Vakuum bei uns genutzt haben. Die sind hereingeschwemmt worden. Gott sei Dank gibt es bei uns keine Staatssicherheit, die jeden überprüft. Grundsätzlich gibt es schon ein Vertrauen zu den Leuten. Man sieht es ja nicht jedem an, was er denkt, was er für eine Vergangenheit hat, ob er ein Rechtsextremist ist oder neonazistische Ideen hat. Wenn sich das dann herausstellt, muss man auch konsequent sein. Da darf man sich nicht auf die bösen Linken ausreden, da muss man selber handeln. Gerade weil ich ein rechtsliberaler Mensch bin, glaube ich, dass es ganz notwendig ist, sich von gewissen Elementen zu distanzieren. Sonst macht man sich selber unmöglich.

STANDARD: Gelegentlich haben Sie aber recht lange gebraucht, bis Sie Konsequenzen gezogen haben.

Haimbuchner: Wir leben in einem Rechtsstaat, man muss sich auch selber überlegen, ob die Vorwürfe stimmen. Was ist dran, was ist Parteiagitation, was ist Diffamierung? Aber letztendlich ist gehandelt worden. Wie schnell, darüber kann man streiten. (Michael Völker, DER STANDARD, 11.5.2013)