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Spenderblut wird in den Blutbanken penibel auf Viren und Bakterien untersucht.

Foto: APA/Felix Heyder

Die Verbreitung neuer infektiöser Krankheiten und Bakterienbelastung von Spenderblut bereiten Transfusionsmedizinern Kopfzerbrechen. Die üblichen Screenings von Spenderblut decken die allgemein bekannten Krankheitserreger ab. Neu in Europa auftretende Infektionen erfordern zusätzliche Testmethoden. In Tirol wurde nun eine innovative Methode zur Inaktivierung von Krankheitserregern bei Thrombozytenpräparaten landesweit eingeführt.

West-Nil-Virus, Chikungunya- Virus oder Dengue-Virus sind längst keine Exoten mehr. Die Erreger von Tropenkrankheiten fühlen sich auch in unseren südlichen Nachbarländern wohl. "Sie haben Europa längst erreicht" , sagt Harald Schennach, Vorstand des Zentralinstituts für Bluttransfusion am Landeskrankenhaus Innsbruck. Auch Malaria könne man sich in der Nähe, in Südgriechenland, holen. Für eine Borrelieninfektion, übertragen durch Zecken, muss man nicht verreisen, um Coli-Bakterien aufzufangen, auch nicht.

Ist Spenderblut infiziert, kann es bei Bluttransfusionen heikel werden. Ansteckungen oder Sepsis drohen. Blutspender sind oft völlig ahnungslos. " Ein Großteil der Infizierten weiß nichts von der Infektion", sagt der Innsbrucker Transfusionsmediziner Walter Nussbaumer. Beim West-Nil-Virus beispielsweise würden 70 Prozent nicht erkranken, eine Borrelieninfektion bemerken 30 Prozent der Betroffenen nicht.

Thrombozytenkonzentrate im Einsatz

Mit der Inaktivierungsmethode will die Blutbank Innsbruck, die alle Tiroler Krankenhäuser versorgt, Spenderblut noch sicherer machen. Die Screenings auf die bekannten Viren, beispielsweise Hepatitis oder HIV, und Tests auf Bakterien werden durch ein weiteres Verfahren ergänzt.

Vorerst kann das "Intercept Blood System" aber nur in einem Teilbereich, bei der Produktion von Thrombozytenkonzentraten, eingesetzt werden. Diese Blutprodukte werden zur Stammzellentransplantation, etwa bei Leukämie oder in der Transplantationschirurgie, verwendet. 2011 wurden österreichweit 37.866 solcher Konzentrate übertragen. Für die weitaus häufigere Form der Blutkonserven, die Erythrozytenkonzentrate - sie kommen bei Operationen und in der Unfallchirurgie zum Einsatz -, wird die Methode noch getestet. 2016 soll ein Produkt auf den Markt kommen.

Walter Nussbaumer beschäftigt sich seit 2006 intensiv mit der Pathogen-Inaktivierung. "Ich war von Anfang an überzeugt, dass sie funktioniert." Zurzeit sind drei Methoden auf dem internationalen Markt, eine japanische, eine französische und eine aus den USA. Die Tiroler haben sich für die amerikanische entschieden. In der Probephase wurde der Krankenhausträger Tilak überzeugt, dass Mehrkosten durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Nussbaumer: "Wir schreiben nun eine graue Null."

Programmierter Zelltod

Die Gewinnung von Thrombozyten für die lebensrettenden Beutel ist eine anstrengende Sache "für die Thrombos", wie Nussbaumer die Blutplättchen liebevoll nennt. Während der Spender relaxt im Bett sitzt, läuft das Vollblut in eine Zentrifuge. Dort werden die Thrombozyten mit maximaler Beschleunigung separiert. Danach gönnt Nussbaumer den Blutplättchen eine " Ruhepause". Aber nur kurz, denn bei der Herstellung von Blutprodukten muss alles rasch gehen, um Qualitätsverlust zu vermeiden.

Die Inaktivierung sei nichts anderes als der programmierte Zelltod, erklärt Nussbaumer. Denn im Gegensatz zu den Thrombozyten haben Krankheitserreger eine funktionelle DNA oder RNA (Ribonukleinsäuren). Gekillt wird mithilfe des Moleküls Psoralen, das in einer speziellen Maschine mit UV-Licht bestrahlt und aktiviert wird. Das fertige Konzentrat ist sieben Tage haltbar. Nussbaumer: "Damit haben wir die Haltbarkeit um zwei Tage gesteigert. Was uns vor allem die Arbeit an Wochenenden erleichtert." Was den Krankenhausträger freut: Der sogenannte Verwurf wurde von zehn auf zwei Prozent gesenkt.

Außer in Innsbruck wird die Intercept-Methode noch am AKH Wien angewandt. Die Blutspendezentrale für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Österreichs größte Blutbank, hat die Zulassung durch die nationale Gesundheitsagentur Ages bekommen. Ob und wann die Pathogen-Inaktivierung eingeführt wird, hänge vom wissenschaftlichen Prüfungsverfahren ab, das zurzeit laufe, sagt Markus Jarnig, wirtschaftlicher Leiter der Blutspendezentrale.

Die Blutaufbringung ist in Österreich föderalistisch organisiert: 64 Prozent der Blutspenden werden von den Rot-Kreuz-Blutbanken in den Bundesländern bearbeitet, 36 Prozent von Blutbanken in Krankenhäusern. (Jutta Berger, DER STANDARD, 13.5.2013)