Die "Wiener Diagonale" nach einer Skizze der TU Wien könnte für eine Bevorzugung des Fahrradverkehrs sorgen.

Foto: TU Wien

So schaut die Ist-Situation aus.

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Alltägliche Situation in der Operngasse: Autos dürfen fahren, Fahrräder müssen warten.

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Wer in der Großstadt Fahrrad fährt und sich immer wieder über lange Wartezeiten vor roten Ampeln ärgert, kennt das Problem: Will man eine Kreuzung auf baulich getrennten Fahrradstreifen diagonal überqueren, muss man zwei Grünphasen abwarten und verliert eine Menge Zeit. Wer mit dem Auto fährt, hat es da leichter.

Diesen Nachteil will das Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien gemeinsam mit dem Umweltbundesamt und dem Planungsbüro "Komobile w7" aufheben und setzt dabei auf eine fahrradfreundliche Alternative: Die "Wiener Diagonale", ein Kreuzungs-Ampel-Design, bei dem Radfahrer in einer eigenen Ampelphase diagonal kreuzen können.

Diagonal kreuzen

Auf einer Straße mit Radwegen in beide Richtungen bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder verlaufen zwei getrennte Radwege beidseitig neben den Autofahrbahnen, oder es gibt nur einen breiteren Radweg, auf dem Fahrräder in beide Richtungen fahren dürfen. "Wenn bei einer Kreuzung zwei Radwege in einen einzigen bidirektionalen Radweg zusammengeführt werden, muss man als Radfahrer die Kreuzung in zwei Schritten überqueren, und das kann ziemlich lange dauern. Zudem gibt es wenig Aufstellflächen neben den Fußgängern", weiß Tadej Brezina vom Institut für Verkehrswissenschaften an der TU Wien.

Er schlägt daher vor, in solchen Fällen eine dritte Ampelphase einzuführen, bei der Fahrräder auf einem diagonal geführten Radwegstück über die Kreuzung gelangen. Nützlich wäre das besonders dort, wo gut ausgebaute, bidirektionale Radwege (sogenannte "Rad-Highways") aus dem Stadtrand in städtische Straßen münden, auf denen Radwege meist in zwei getrennten Einzelspuren geführt werden.

Drei Ampelphasen statt zwei

Statt der üblichen zwei Ampelphasen sind bei der "Wiener Diagonalen" drei vorgesehen: Während der dritten Phase müssten die Autos in alle Richtungen stehen bleiben, Fahrräder könnten diagonal kreuzen und die Fußgänger, deren Schutzwege nicht die diagonale Fahrradspur schneiden, hätten gleichzeitig auch grün.

Brezina hat anhand von typischen Verkehrsbedingungen berechnet, wie sich die Wartezeiten an einer Kreuzung durch die Einführung der "Wiener Diagonale" ändern würden. "Der Verkehrsfluss der Autos würde dadurch nicht wesentlich aufgehalten werden, für Fahrräder und Fußgänger würde die Wiener Diagonale jedoch eindeutige Vorteile bringen“, ist sich der Verkehrsforscher sicher.

Zusätzlich zur Verbesserung des Verkehrsflusses für Fahrräder sieht Brezina einen Hauptnutzen der Wiener Diagonale in ihrer Signalwirkung: "Es ist eine gut sichtbare Bevorzugung von Radfahrern – vielleicht trägt das zu einem weiteren Umdenken in Richtung ökologische Mobilität bei.“

Grüne Wellen

Derzeit sind Ampeln üblicherweise auf Autos abgestimmt und so geschaltet, dass man bei einem typischen Verkehrstempo eine "grüne Welle“ hat. Beim Radfahren erreicht man diese Geschwindigkeit nicht und muss an vielen Kreuzungen stehen bleiben. "In Aarhus (Dänemark) ist das beispielsweise anders", weiß Tadej Brezina, "dort gibt es grüne Wellen für Radfahrer.“

Die Wiener Diagonale könnte darüber hinaus zum Umstieg vom Auto auf das Fahrrad zu motivieren. Gerade im Bereich der "Pedelecs“, der elektrisch unterstützten Fahrräder, gibt es enorme Zuwachsraten. "Durch diese Elektro-Fahrräder können weitere Strecken als bisher ohne Auto zurückgelegt werden, immer mehr Menschen werden auch für den täglichen Weg zur Arbeit aufs Fahrrad umsteigen“, meint Brezina. Dieses Wachsen des Fahrradverkehrs müsse freilich auch in der Verkehrsplanung entsprechend berücksichtigt werden. (red, derStandard.at, 13.5.2013)