Beim Projekt "art & garden" der Firma Aucon im 2. Wiener Gemeindebezirk ...

Foto: Aucon Real Service

... übernahm Hermann Nitsch die Fassaden-Behübschung.

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Im Inneren wurden auch die Stockwerksbeschriftungen kunstvoll gestaltet.

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Die Buwog-Wohnanlage "Hängende Gärten" am Wienerberg wurde mit Aluminium-Arbeiten des Künstlers Matt Mullican geschmückt.

Foto: Buwog

Der britische Architekt Norman Foster äußerte sich einst provokant über staatliche Programme, die Kunst am Bau fördern: "Kunst am Bau ist wie Lippenstift auf einem Gorilla." Kunst im Wohnbau fällt zwar auf, ist aber unnötig, wollte er damit sagen. Aber stimmt das auch?

Im geförderten Wiener Wohnbau hat Kunst eine lange Tradition. Bereits in den 1920er- und 1930er-Jahren, im legendären "Roten Wien", legte man Wert auf ästhetische Akzentsetzungen im Wohnbau. Sie sollten nicht nur äußerliche Zierde sein, sondern den gesamten Wohnraum aufwerten und die Arbeiterbewegung im Stadtbild manifestieren. Auch in der Nachkriegszeit erfreuten sich neben Fresken und Skulpturen Mosaike besonderer Beliebtheit.

Das "Nitsch-Haus"

Heute soll eine künstlerische Gestaltung von Wohnanlagen eine neue Öffentlichkeit erschaffen - nicht mehr nur im geförderten Wohnbau. Mit seinem Bauprojekt will man heute vor allem auffallen, wenn man Kunstinstallationen auf Bürogebäuden oder Wohnanlagen präsentiert.

So geschehen im 2. Bezirk in der Nähe des Karmelitermarktes. Dort hat die Aucon Real Estate Group das Projekt "art & garden" realisiert, ein Büro- und Wohngebäude, das als "Nitsch-Haus" in die Geschichte des Wiener Wohnbaus eingehen soll, wenn es nach den Verantwortlichen geht.

Gemeinsam mit dem Architekten und dem Bauträger hat der bekannte Maler und Aktionskünstler Hermann Nitsch eines seiner Gemälde ausgesucht. Ein Ausschnitt davon wurde digitalisiert und ziert nun als große Textilfahne den Eingangsbereich des Gebäudes.

Kunst macht eine bessere Adresse

Et Voilà: Das Nitsch-Haus war geboren. Ein Gewinn – nicht nur für den Künstler. "Die Resonanz war durchwegs positiv, die Zielgruppe hat sich erweitert. Unser Haus ist ein Unikat", so Aucon-Geschäftsführer Robert Wagner, der für weitere Projekte mit Nitsch, aber auch anderen Künstlern zusammenarbeiten möchte, um sich von anderen Bauträgern abzuheben.

Interessante Kunstprojekte können Immobilien tatsächlich aufwerten und ihnen eine Bekanntheit verschaffen, die ohne Kunst nicht möglich gewesen wäre. Zwar ist das Projekt "art & garden" ein moderner, hübscher Neubau. Zu einer besseren Adresse macht es allerdings erst der Zusatz "Nitsch".

Mitmach-Recycle-Kunst

Auffallen um jeden Preis – das wollte man 2010 auch mit einem Bürohaus im Salzburger Hallein. Daher holte man sich die Textilkünstlerin Evelyn Grill an Board, die eine Fassade mit textilem Charakter – jedoch ohne Einsatz textiler Materialien – konzipierte. Platten wurden unsichtbar beklebt, so entstand eine einzigartige Felder-Textur aus roten und orangen Erdtönen. "Eine individuelle und unverkennbare Note", wie es von Seiten der Künsterlgruppe tex.art heißt, die das Projekt geplant hat.

Heute hat Kunst am Bau oft einen partizipativen Charakter, das heißt, die BewohnerInnen beteiligen sich aktiv an der künstlerischen Gestaltung ihres Wohnraums. Das ist beispielsweise 2003 in der Wohnhausanlage "Hängende Gärten" der Buwog am Wienerberg passiert. Der Künstler Matt Mullican gestaltete eine zehnteilige Aluminium-Arbeit, die mit Abgüssen von lieb gewordenen Gebrauchsgegenständen versehen ist, die von Bewohnerinnen und Bewohnern gestiftet wurden.

Fototapete im Gemeinschaftsraum

Für Wildnis und wucherndes Grün sorgte wiederum 2012 die Künstlerin und Architektin Barbara Holub in der Donaustädter Wohnanlage Lavaterstraße 5 der Wohnbauvereinigung für Privatangestellte (WBV-GPA). Sie gestaltete gemeinsam mit den Bewohner das Kunstwerk "Habitat Wilderness", eine wandfüllende Fototapete im Gemeinschaftsraum, der sonst oft ein lebloser Bereich ohne Eigenschaften bleibt. (Karin Jirku, derStandard.at, 21.5.2013)