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Friedrich Zawrel

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Das einstige Spiegelgrund-Opfer Friedrich Zawrel erhielt am Mittwoch in Anwesenheit von Wegbegleitern und zahlreichen Schülern im Unterrichtsministerium das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Laudator Werner Vogt würdigte ihn als "hochkarätigen Privatgelehrten" und zeichnete Zawrels Lebensweg, seinen Kampf um Gerechtigkeit und gegen das Vergessen sowie die Rolle der Republik in der Causa des Spiegelgrund-Arztes Heinrich Gross nach. Zawrel zitierte in seiner Dankesrede aus einigen Schüler-Briefen, die er im Laufe der Jahre bekommen hat: "Jeder einzelne Brief ist für mich eine Auszeichnung", so der Geehrte.

Der 1929 geborene Zawrel hat als Zeitzeuge zur Aufarbeitung der Verbrechen in der einstigen Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof, dem Wiener Zentrum der NS-Tötungsmedizin, beigetragen. Dort waren zwischen 1940 und 1945 rund 7.500 Menschen ermordet worden, darunter 800 Kinder und Jugendliche. Gemeinsam mit Werner Vogt, der auch als Laudator zum zahlreich anwesenden Publikum sprach, hat Zawrel den ehemaligen Spiegelgrund-Arzt Heinrich Gross enttarnt, der auch nach dem Krieg lange Zeit seine Karriere hatte fortsetzen können und im Jahr 2005 verstarb.

"Ihnen widerfuhr keine Gerechtigkeit, auf die jeder von uns Anrecht haben sollte"

Unterrichtsministerin Claudia Schmied würdigte Zawrel, der 2008 das "Goldene Verdienstzeichens des Landes Wien" erhielt, als einen jener Zeitzeugen, "die uns wesentliche und ganz dramatische Einblicke in die Zeit des NS-Terrors ermöglichen. Sie tragen dazu bei, dass dieses dunkle Kapitel der Geschichte und die damit verbundenen Gräueltaten nicht vergessen werden." Die Ministerin unterstrich den Wert der "moralischen Gerechtigkeit, die jede Gesellschaft für das Zusammenleben benötigt. Ihnen ist vieles von sehr unterschiedlichen Staatsformen genommen worden. Ihnen widerfuhr keine Gerechtigkeit, auf die jeder von uns Anrecht haben sollte. Ich danke Ihnen, dass Sie die Kraft haben zu erzählen, was Ihnen geschehen ist. Damit es nie wieder geschieht."

Als eine "unerwartete, aber sehr angenehme Überraschung in dieser Republik" bezeichnete Laudator Werner Vogt die Zuerkennung des Goldenen Ehrenzeichens an Friedrich Zawrel: "Denn sehr, sehr lange wurde ihm auch in der Republik nach 1945 sehr viel Böses angetan. Ich verzeihe und vergesse das der Republik nie." Zawrel habe "immer das Richtige zum richtigen Zeitpunkt gemacht". Vogt verwies darauf, dass die Republik "sehr oft Leute geehrt hat, die keine Guten waren". Friedrich Zawrel sei mittlerweile ein "hochkarätiger Privatgelehrter der Republik", der seine Geschichte immer wieder in die Schulen trage.

Künstlerische Bearbeitungen

Die Lebensgeschichte Zawrels wurde auch in Theater und Film immer wieder zum Thema zahlreicher Produktionen gemacht: So setzte sich 2005 etwa die Volkstheater-Uraufführung "Spiegelgrund" von Christoph Klimke in der Regie von Johann Kresnik mit dem NS-Opfer auseinander. Unter dem Titel "In der Psychiatrie ist es nicht so schön ..." montierte Stefan Geszti 2008 auf der Probebühne des Theaters in der Josefstadt "33 Short Cuts aus dem Leben des Friedrich Zawrel" zu einem Monolog. Zuvor hatte sich bereits Elisabeth Scharang mit den beiden Filmen "Mein Mörder" und "Meine liebe Republik" der Biografie Zawrels genähert. Im Jahr 2012 zeigte das Schuberttheater in Wien Zawrels Geschichte als Puppenspiel "F. Zawrel - Erbbiologisch und sozial minderwertig", aus dem im Rahmen der heutigen Ehrung ein Ausschnitt gezeigt wurde. (APA/red, derStandard.at, 15. 5. 2013)