Der stilisierte Bombenkrater, unter dem man ein Massengrab vermutete.

Foto: Ernst Logar

Graz - In den Maitagen 1945, kurz vor der Befreiung Österreichs, ließ die SS auf dem Areal einer Kaserne im Grazer Bezirk Wetzelsdorf (heute Belgierkaserne) eilig die Leichen von zuvor hingerichteten und verscharrten Sozialdemokraten und ungarischen Juden ausgraben, um, wie überall im Land, Spuren des NS-Terrors zu verwischen. Ein Teil der sterblichen Überreste wurde vorübergehend am Schießplatz Feliferhof vergraben, bevor sie am Zentralfriedhof ihre letzte Ruhestätte fanden.

Doch ob wirklich niemand mehr am Feliferhof oder am Gelände der Kaserne liegt bzw. ob dort auch andere, etwa im Landesgericht hingerichtete, ruhen, ist noch immer nicht geklärt.

2008 gab der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos eine Studie über die Morde am Kasernenhof in Auftrag. 2011 wurde ein Gedächtnishain errichtet. Doch dieser funktioniere als Ort des Erinnerns nicht wirklich, findet der Künstler Ernst Logar. "Viele Soldaten wissen gar nicht, was das darstellt", erzählt Logar aus seinen Erfahrungen nach Gesprächen mit Soldaten, "es findet keine Kommunikation darüber statt".

Der Prozess des Erinnerns, der freilich immer auch eine prophylaktische Wirkung auf das Jetzt und die Zukunft haben sollte, ist im besten Fall ein lebendiger. Erinnerungsorte sollten also keine Ruhestätten, sondern " Orte der Unruhe" sein. Genauso nennt Logar auch seine Ausstellung im Graz-Museum (ehemals Stadtmuseum), wo er verschiedene Herangehensweisen an Gedenkkultur der letzten Jahrzehnte hinterfragt.

Oft genug forderte ja schon die Realisierung solcher Orte viel Überzeugungsarbeit und Durchhaltevermögen. Die Gänse vom Feliferhof, das Konzept für ein aufsehenerregendes Projekt, das der Künstler Jochen Gerz schon 1996 für die Erschießungsstätte konzipiert hatte, konnte etwa nie realisiert werden. Zu groß war der Widerstand gegen eine radikale, aber wirksame Form der Aufarbeitung.

Aber was passiert eigentlich, wenn das Mahnmal, der Gedenkhain oder ähnliche Initiativen erst einmal realisiert wurden? Logar hat für die Schau im Graz-Museum unter anderem Gerz, den pensionierten Oberst Oswald und Historiker interviewt und zeit die Gespräche auf mehreren Bildschirmen. Daneben wurde ein Teil des Gedächtnishains - nachgebildete Bombenkrater - im musealen Raum rekonstruiert. Und Logar thematisiert, dass man noch immer nicht Sicherheit darüber hat, wo vielleicht noch Gebeine ruhen, weil man es nicht der Mühe wert befand, den Boden mit Radar zu untersuchen.

Mit der Ausstellung wolle man auch "den kritischen Umgang mit der Entsorgung von Erinnerung vor Ort" unterstützen, sagt Otto Hochreiter, Direktor des Graz-Museums zu Logars Arbeit. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 16.5.2013)