Teheran/Istanbul/Wien - Technische Atomgespräche zwischen dem Iran und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am Mittwoch untertags in Wien und abends auf politischer Ebene zwischen Chefverhandler Saeed Jalili und EU-Außenbeauftragter Catherine Ashton in Istanbul: Niemand erwartet sich einen wesentlichen Durchbruch vor den iranischen Präsidentenwahlen am 14. Juni. Gleichzeitig warnt Jalili vor Erwartungen, dass sich die iranische Position danach ändern werde: Irans Recht auf alle Atomtechnologien, inklusive Urananreicherung, sei unveräußerbar.

Präsidentenwahlen im Iran sind immer für Überraschungen gut, aber es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass Ashton in Istanbul mit dem künftigen iranischen Präsidenten - Saeed Jalili - verhandelt. Die Gerüchte im Iran gehen in die Richtung, dass nun keiner der als Kandidaten der religiösen Führers Ali Khamenei gehandelten Mitglieder der Dreierkoalition - Exaußenminister Ali Akbar Velayati, Teherans Bürgermeister Mohammed Ghalibaf und Exparlamentspräsident Gholam Ali Haddad-Adel - durchgedrückt werden soll, sondern Jalili.

Hadded-Adel, der auch Schwiegersohn Khameneis ist, hat bereits angedeutet, dass die "2+1" - damit war gemeint, dass sich letztlich zwei zugunsten des Stärksten zurückziehen würden - allesamt auf Jalili einschwenken könnten. Allerdings weiß die Gerüchteküche auch, dass Velayati und Ghalibaf über diese Wendung keineswegs erfreut sind.

Mittlerweile werden an die 3000 Wahlkomitees aufgestellt, die dafür sorgen werden, dass der Favorit Khameneis - von dem ein "Zeichen" erwartet wird - zu genug Stimmen kommt. Das ist umso wichtiger, als sich Ali Akbar Hashemi Rafsanjani anders als 2005 als starker Kandidat erweisen könnte, weil er im Reformlager keine ernsthafte Konkurrenz hat. Hassan Rohani könnte sich zu seinen Gunsten zurückziehen. Ausgerechnet der Liebling von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad, Esfandiar Rahim-Meshaei könnte Rafsanjani Stimmen kosten, weil auch er als Anti-Establishment wahrgenommen wird. Dass er Rafsanjani schadet, könnte den Wächterrat dazu bewegen, Meshaeis Kandidatur zuzulassen.

Die Konservativen, besonders ihr Sprachrohr Keyhan, wettern aber nicht nur gegen den "Abweichler" Meshaei, sondern auch gegen Expräsident Rafsanjani: Er habe 2009 - nach dem umstrittenen zweiten Sieg Ahmadi-Nejads - den "Aufruhr" unterstützt.

Saeed Jalili hat indes nicht viele persönliche Sympathisanten, er gilt als scharf und total linientreu, als "Dieb mit der Laterne", der ausleuchtet, was er tut, um es umso genauer zu erledigen. Während die Nachricht der Kandidatur Rafsanjanis die iranische Währung kurzzeitig nach oben trieb, halten viele Iraner Jalili für einen, bei dem alles beim Alten bleibt und noch strenger wird. Es tauchen bereits Plakate auf, auf denen betont wird, dass mit Jalili Ahmadi-Nejads Weg fortgesetzt wird. Da ist es auch nicht ausgeschlossen, dass sich auch noch Ahmadi-Nejad zur Unterstützung Jalilis bekennt. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 16.5.2013)