Die Schräge schlich sich in den letzten zehn Jahren in Ingo Nussbaumers Konkrete Malerei.

Foto: Nussbaumer

Im Gegensatz dazu scheinen Florentina Pakostas Geometrien Reales zu abstrahieren.

Foto: Artmark

Wien - "Konkrete Kunst", sagte Theo Doesburg 1924, "ist in ihrer letzten Konsequenz reiner Ausdruck von harmonischem Maß und Gesetz." Sie ordnet das Zusammenspiel von Form und Farbe. Die systematischen Analysen von Farben stiften auch die Bildideen zu Ingo Nussbaumers Werk. "Color Propositions" nennt er diese Konsequenz aus einer Folge von Farben, Tönen und Nuancen.

Obwohl Konkrete Kunst fern der Abstraktion steht, da sie nichts Reales abstrahiert, gibt es bei Nussbaumer eine solche Phase Mitte der 1980er-Jahre. Danach dominieren horizontale und vertikale Farbflächen und Streifen seine Leinwände. Reizvoll sein Spiel mit Farbnuancen: Oft setzt er sie so ein, als ob auftreffendes Licht oder überlappendes Transparentpapier hellere Partien erzeugen würde. In seiner Ausstellung in der Galerie Hubert Winter faszinieren insbesondere seine präzisest gearbeiteten Aquarelle, deren wie Collagen komponierte Farbflächen wie gedruckt erscheinen.

Eines seiner neuesten Werke offenbart eine ganz andere Kompositionstechnik: Aus Gestik und Motivik eines klassizistischen Gemäldes leitet er Linien ab, an denen er das Gemälde zerteilt. Die überwiegend triangularen Formen sind zu Leinwänden geworden, die später eine dem Fragment des Ursprungsbild entsprechende monochrome Farbigkeit erhalten werden.

Ein weiteres Merkmal Konkreter Kunst: das Fehlen symbolischer Bedeutung. So wundert es nicht, dass sich Florentina Pakosta gegen diese Einordnung verwehrt. "Die darstellende Geometrie, verbunden mit Fantasie, kann wunderbare Welten erschließen", sagt sie. Und so blitzt in ihrer 1989 mit bewusstem Bezug auf den politischen Umbruch begonnenen Serie der Trikoloren-Bilder mit den dominanten Balkenstrukturen immer auch die symbolische Dimension - Träger, Netzwerk - auf. Farben und Formen weisen manchmal direkte Bezüge zum Krieg auf. Besonders deutlich spürt man das Metaphorische in den neuesten, in der Galerie Artmark präsentierten Bildern mit den brechenden Balken. In diese dringt durch die Schnittstelle obendrein eine vierte Farbe in Pakostas strenge Kompositionen ein. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 16.5.2013)