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Auf diesem Archivbild der Oregon Health & Science University ist zu sehen, wie der Zellkern einer Eizelle entnommen wird.

Foto: Oregon Health & Science University/Handout via Reuters

New York - Wissenschaftlern in den USA ist ein bedeutender Durchbruch gelungen: Die Forscher haben es erstmals geschafft, menschliche embryonale Stammzellen durch ein Klonverfahren herzustellen. Durch die am Mittwoch im Fachblatt "Cell" veröffentlichte Methode könnte sich die umstrittene Verwendung von Embryonen als Quelle von Stammzellen erübrigen.

Von der Verwendung dieser Zellen erhoffen sich Mediziner Durchbrüche bei der Behandlung von Herzkrankheiten, Parkinson und Querschnittslähmung. Der Leiter der Forschungsgruppe im Bundesstaat Oregon, Shoukhrat Mitalipov, erklärte, bei den neu geschaffenen Zellen handle es sich um echte Stammzellen, die sich zu Leber-, Herz- oder Nervenzellen ausdifferenzieren können.

Weg zum geklonten Menschen?

Der Durchbruch dürfte einige ethische Fragen aufwerfen und für Diskussionen sorgen. Nicht nur Fachkollegen befürchten, dass das den Weg zum Klonen von Menschen ebnen könnte. Mitalipov und seine Kollegen versuchten daher bereits im Vorfeld zu beruhigen: Von einer Verwendung in der reproduktiven Medizin distanzierte sich der Forscher ausdrücklich. Das sei nicht der Fokus seiner Arbeit, sagte er.

Der Stammzell-Experte Rudolf Jaenisch vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) sagte dazu, das Ergebnis stelle keinen Fortschritt beim reproduktiven Klonen dar. Bei entsprechend hergestellten Embryonen - deren Schaffung ohnehin illegal wäre - müsste man das gleiche Ergebnis wie bei Mäusen erwarten: "Die meisten sterben bei der Geburt, und die anderen haben sehr ernste Probleme, wenn sie älter werden."

Erste Kritik kam bereits von der US-amerikanischen Bischofskonferenz (USCCB). Sie bezeichnete die Nachricht über die gelungene Herstellung menschlicher embryonaler Stammzellen durch ein Klonverfahren als "zutiefst beunruhigend". Auch wenn die Methode der Forschung dienen solle, werde sie zweifellos von denen aufgegriffen, die einmal geklonte Kinder herstellen wollten, warnte das USCCB-Komitee für Lebensschutz laut Kathpress am Mittwoch in einer Stellungnahme.

Ähnlicher Ansatz wie bei Schaf Dolly

Das von Mitalipovs Gruppe angewandte Verfahren ähnelt dem Ansatz, der 1996 zur Schaffung des Klonschafs Dolly führte. Dabei wird aus einer Hautzelle das genetische Material entnommen und in eine menschliche Eizelle eingepflanzt, deren Zellkern zuvor entfernt wurde. Aus der neuen Zelle entwickelte sich eine sogenannte Blastozyste, von der embryonale Stammzellen entnommen werden können.

Es sei noch ein weiter Weg, bis damit "sichere und effektive" Stammzell-Behandlungen entwickelt werden könnten, sagte Mitalipov. "Wir glauben allerdings, dass wir einen bedeutenden Schritt hin zur Schaffung der Zellen gemacht haben, die in der regenerativen Medizin verwendet werden könnten."

Fachkollegen reagieren zurückhaltend

Der Wiener Medizingenetiker Markus Hengstschläger äußerte sich auf Anfrage zurückhaltend zu den Anwendungen: "Die Anwendung von embryonalen Stammzellen entwickelt sich sehr zäh." Es gäbe weiterhin Befürchtungen, dass sie zu unkontrolliertem Wachstum in der Lage seien. Da würden eventuell Stammzellen aus anderen Quellen, etwa induzierte Stammzellen, besser geeignet sein. Und schließlich gibt es auch die Debatte darüber, ob man quasi durch das Klonen erzeugte Embryonen - im Grunde nur Zellhaufen im frühesten Entwicklungsstadium - "verbrauchen" dürfe, um Stammzellen zu gewinnen. Der Wiener Wissenschafter: "Da macht das Klonen keinen Unterschied." Der renommierte deutsche Stammzellforscher Oliver Brüstle reagierte ebenfalls zurückhaltend und warnte "vor zu viel Hype": "Ich bin skeptisch, ob uns das im therapeutischen Bereich weiterbringt." (APA/red, derStandard.at, 16.5.2013)