Natascha Kampusch besuchte mit dem CNN-Team sowohl das Haus ihrer Gefangenschaft in Strasshof als auch die Entführungsstelle in Wien-Donaustadt.

Screenshot: CNN

Wien/Cleveland - Natascha Kampusch hat dem US-Nachrichtensender CNN ein Exklusiv-Interview gegeben. Anlass war die Befreiung von drei gekidnappten Frauen in Cleveland (US-Staat Ohio) vor eineinhalb Wochen. Die Wienerin, die im Alter von zehn Jahren entführt und mehr als acht Jahre lang in einem Keller in Niederösterreich gefangen gehalten worden war, riet den Frauen: "Macht euch keine Sorgen darüber, was die Leute sagen."

Entführungsopfer müssten nicht nur wieder in ein normales Leben zurückfinden, sondern auch mit Menschen fertig werden, die ihre Geschichten nicht glauben wollen. "Sie sind diejenigen, die es erlebt haben, sie sind diejenigen, die es überlebt haben, und sie sind diejenigen, die mit ihren Erfahrungen zurande kommen müssen - für den Rest ihres Lebens", sagte Kampusch.

Flucht als Glücksgefühl

Über ihre eigene Flucht berichtete sie: "Es war ein enormes Gefühl der Freude, das man mit nichts anderem vergleichen kann. Man sieht plötzlich alle Möglichkeiten vor sich ausgebreitet." Über den Entführer Wolfgang Priklopil sagte Kampusch in dem teils auf Englisch geführten Interview: "Ich war sehr eifersüchtig auf ihn. Er hatte alles, und ich hatte nur einen kleinen Raum." Sie habe ihren Hass auf die Person, die ihr das angetan hat, begraben müssen.

Die drei Frauen in Cleveland sollten versuchen, ihre Glücksgefühle so lange wie möglich zu genießen und sich nicht zu schnell vom Alltag einholen lassen, meinte Kampusch. Besonders hart seien allerdings die ersten Tage nach der Befreiung gewesen. "Es war eine sehr schwierige Zeit für mich, überall die Medien", und dazu die Wiederbegegnung mit ihren Eltern, zu denen sie erst wieder eine Beziehung aufbauen musste.

Besuch des Hauses in Strasshof

"Ich habe mich sehr für die drei Frauen gefreut, Gott sei Dank haben sie ihr Martyrium überlebt", so Kampusch. "Sie sind sicher sehr starke Frauen." Entführungsopfer brauchten Zeit, um ihre Vergangenheit mit eigenen Mitteln zu bewältigen, meinte sie in dem Interview vor dem Haus in Strasshof a.d. Nordbahn, in dem sie mehr als acht Jahre lang gefangen gehalten worden war. Das Haus wurde ihr mittlerweile per Gerichtsbescheid als Entschädigung zugesprochen.

Kampusch besuchte mit dem CNN-Team auch den Tatort der Entführung, den Rennbahnweg in Wien-Donaustadt, wo sie auf dem Schulweg gekidnappt worden war. Dort war sie am 2. März 1998 als Zehnjährige entführt. Am 23. August 2006 gelang der damals 18-Jährigen die Flucht. Ihr Entführer Wolfgang Priklopil beging daraufhin Selbstmord. (APA/red, derStandard.at, 16.5.2013)