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Ein schwedischer Soldat beim Training mit der malischen Armee 60 Kilometer außerhalb von Bamako. Die EU, darunter auch österreichische Soldaten, versucht mit Ausbildungsmaßnahmen die malischen Truppen zu stärken.

Foto: AP Photo/Baba Ahmed

Mit Blick auf die Perspektiven des westafrikanischen Krisenstaates Mali geriet ein hochrangiger EU-Vertreter regelrecht ins Schwärmen. Ja, die Lage sei zwar schwierig, räumte er bei einem Seminar des International Peace Institute in Wien in dieser Woche ein, aber nach der französischen Militärintervention sei alles auf dem richtigen Weg. Ende gut, alles gut?

Mitnichten, sagen Kenner der Region. Zwar sind die verschiedenen Islamisten-Gruppen aus den Städten des Nordens vertrieben worden. Die EU trainiert malische Soldaten, bis Juli will die Uno eine 12.000 Mann starke Blauhelmtruppe schicken, und auf einer Konferenz in Brüssel hat die Staatengemeinschaft gerade Finanzhilfen in Höhe von 3,25 Milliarden Euro versprochen (700.000 aus Österreich) - weit mehr als die angepeilten zwei Milliarden.

Ungelöster Konflikt

Doch der Grundkonflikt zwischen den Bevölkerungsgruppen des Nordens, allen voran den Tuareg-Nomaden, und der Regierung in Bamako sei alles andere als gelöst, warnt etwa der Afrika-Experte Georg Lennkh. Das Land, sagt der Maghreb-Experte Yahia Zoubir (siehe Interview), sei de facto schon geteilt gewesen, lange bevor die Tuareg-Rebellen der Bewegung MNLA den Norden 2012 ganz unter ihre Kontrolle brachten, einen Staat Azawad ausriefen und die Macht dann an Islamisten-Gruppen abgeben mussten. Die Gemengelage in der Region, in der auch das florierende Geschäft mit Drogen und anderen Schmuggelwaren eine große Rolle spielt, ist kaum zu überblicken.

Auch Frankreich, das mit seinem Militäreinsatz seit Jänner half, Islamisten und Al-Kaida-Terroristen aus dem Norden zu vertreiben, will deshalb eine schnelle politische Befriedung zwischen der schwarzen Bevölkerungsmehrheit, den Tuareg-Rebellen und der arabischen Minderheit in der Wüstenregion. Massive Wirtschaftshilfe wird aber mit der Forderung nach raschen Wahlen verknüpft. Auf Drängen von Staatschef François Hollande kündigte Malis Interimspräsident Dioncounda Traoré deshalb Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an. Die Termine: 7. und 28 Juli.

Dadurch will Paris das politische Vakuum beseitigen, das es den Jihadisten überhaupt erlaubt hatte, die nördliche Hälfte des Landes einzunehmen. Damit von regulären Wahlen die Rede sein kann, müssten aber zuerst nahezu eine halbe Million Flüchtlinge - ein Drittel der Bevölkerung Nordmalis - in ihre Gebiete zurückkehren. Die Sicherheitslage bleibt unsicher, im Juli herrscht noch dazu Regenzeit. Inzwischen hat sogar der Chef der Wahlkommission eingeräumt, der Termin werde "schwer zu erreichen" sein.

"Wir wissen, dass es schwierig wird, wahrscheinlich werden die Wahlen nicht ganz perfekt sein", sagt auch Frankreichs Botschafter in Wien, Stéphane Gompertz, der zuvor die Afrika-Abteilung des Außenministeriums in Paris leitete. "Aber wir brauchen Wahlen, die glaubwürdig sind, sodass wir eine legitimere Regierung in Mali haben werden."

Zu den Problemen zähle, dass die malische Armee im Norden noch nicht präsent sei, sagt Gompertz - vor allem nicht in Kidal (s. Grafik). Die Gegend ist fest in den Händen der MNLA, die Rebellen haben angekündigt, malische Soldaten dort nicht zu dulden. Bamako hat von der MNLA vergeblich verlangt, die Waffen abzugeben - die Rebellen wollen zuerst über eine politische Lösung verhandeln. Mit einer Entwaffnung würden sie ihr Druckmittel verlieren.

Problem Korruption

Die in Brüssel versprochenen Milliarden sollen nun auch dem Norden zugutekommen und so zum Frieden in Mali beitragen. Beobachter warnen davor, Hilfszusagen zu brechen, wie es in der Vergangenheit geschehen ist: Das könnte einen neuen Konflikt provozieren. Dass mit dem Geld auch die Korruption in dem bettelarmen Land bekämpft werden soll, könne sich außerdem als kontraproduktiv erweisen: Der Geldsegen dürfte das chronische Bakschisch-Übel in der malischen Bürokratie nur noch anheizen.

Gut gemeint, könnte die Wiederaufbauhilfe aus Europa den weiterhin sehr instabilen Sahelstaat deshalb rasch einmal überfordern. Französische Westafrika-Kenner wie Antoine Glaser verlangen eine besser durchdachte Langzeithilfe; sonst drohe Chaos.

Befürchtet wird auch, dass die Islamisten nach dem Abzug der Franzosen wieder aktiv werden könnten. Die UN-Truppen sollen daher für Sicherheit sorgen. Eine heikle Mission: Sollte der Konflikt zwischen den mit Waffen aus Libyen nun sehr viel besser ausgerüsteten Tuareg-Rebellen und der malischen Armee erneut aufflammen, könnten sich die Blauhelme rasch zwischen den Fronten eines Bürgerkrieges wiederfinden. (Julia Raabe, Stefan Brändle, DER STANDARD, 17.5.2013)