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Auf dem Weg zu einem ungeliebten Termin: Frankreichs Präsident François Hollande stellt sich im Semesterrhythmus den Medien.

Foto: EPA/YOAN VALAT

Der Ton war angriffig, der Zeigefinger gereckt. In einer Bilanzpressekonferenz zu seinem ersten Jahr im Élysée-Palast wiederholte François Hollande mehrfach, sein zweites Amtsjahr werde im Zeichen der "Offensive" stehen. Damit will er nicht nur Frankreich aus der konjunkturellen Lethargie reißen, sondern sein Image als tatenloser Zauderer korrigieren.

Als Erstes will der französische Staatspräsident diverse europäische Initiativen ergreifen. Dazu gehören diverse Forderungen, die in Berlin nicht unbedingt für Euphorie sorgen dürften. So will er sich in der Eurozone für eine gemeinsame "Wirtschaftsregierung" einsetzen, die unter anderem für eine Steuerharmonisierung sorgen soll. Nötig sei auch eine "neue Etappe" bei der "gemeinsamen Ausgabe von Anleihen" - also die von Deutschland kategorisch abgelehnten Eurobonds.

Besser klang in deutschen Ohren schon der Vorschlag einer "europäischen Energiegemeinschaft" für die Förderung erneuerbaren Energie. Unter deutscher und französischer Führung will Hollande auch einen Plan zur Bekämpfung der vor allem in Südeuropa grassierenden Jugendarbeitslosigkeit lancieren. Insgesamt schließe sich Frankreich Berlins Wunsch nach einer eindeutigen "politischen Union" in Europa an, versicherte Hollande.

Ohne es zu sagen, trat der Präsident damit auch der um sich greifenden EU-Skepsis entgegen. Eine europaweite Pew-Studie war diese Woche zum Schluss gekommen, dass die Franzosen am wenigsten Vertrauen in die EU hätten - weniger noch als die Griechen oder Spanier: Kein europäisches Land sei "so entmutigt und desillusioniert wie Frankreich".

Auch gegen diesen Defätismus geht nun Hollande in die "Offensive". Vor wenigen Wochen hatte er noch erklärt, er habe nötige Reformen in die Wege geleitet, um die - seit April rekordhohe - Arbeitslosigkeit bis Ende 2013 wieder zum Sinken zu bringen. Nun hat der 58-jährige Sozialist erkannt, dass er weiter gehen muss. Deshalb kündigte er weitere Maßnahmen an: Schon im Juni will Premierminister Jean-Marc Ayrault ein aufwändiges Infrastrukturprogramm im Bereich der neuen Technologien, der Energie, Gesundheit und des Verkehrs vorstellen. Finanziert werden soll es nicht über neue Ausgaben, sondern über den europäischen Wachstumsfonds, eine Anleihe sowie Teilprivatisierungen.

Hollande scheut auch vor einer Pensionsreform nicht mehr zurück, obwohl er selbst das Antrittalter bei seinem Amtsantritt teilweise von 62 auf 60 gesenkt hatte. Eine Erhöhung kommt für Hollande daher nicht infrage. Deshalb kann er, wie er durchblicken ließ, nur die Beitragsdauer erhöhen.

Hollande hat vor Tagen schon einen Ministerwechsel in Aussicht gestellt, um seiner Regierung neuen Elan zu vermitteln und sie unter Druck zu setzen. Auf dem Schleudersitz befindet sich Pierre Moscovici, der durch die Cahuzac-Affäre geschwächt ist. Hollande fand in seiner Pressekonferenz kein Wort der Unterstützung für ihn. Nachdem Außenminister Laurent Fabius diese Woche erklärt hatte, Frankreich brauche wieder einen "richtigen" Wirtschaftsminister, dürften Moscovicis Tage gezählt sein. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 17.5.2013)