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Ist das Sport? Steuerrechtlich nicht.

Foto: ap

Ist es Sport, wenn man von Gebäuden, Brücken, Klippen oder gar aus dem All springt? Für die Laureus-Jury schon, sie zeichnete Felix Baumgartner als Action-Sportler des Jahres 2013 aus. Das Finanzministerium sieht das anders. Unter den so genannten "Sportler-Erlass" fällt der 44-Jährige nicht. 

Sportlerrabatt

Seit 2000 behandeln die österreichischen Finanzämter Spitzensportler besonders freundlich, ja, man könnte fast sagen, sie genießen Privilegien. Wenn sie überwiegend im Rahmen von Sportveranstaltungen im Ausland auftreten, müssen sie nur ein Drittel ihrer Einkünfte aus Preisgeldern und Werbeverträgen versteuern. Das entspricht einem Steuersatz von maximal rund 17 Prozent. Für den Wiener Finanzrechtler Werner Doralt ist diese Regelung generell verfassungswidrig, weil durch kein Gesetz gedeckt. Eine Pauschalierung für die Einkünfte aus der sportlichen Tätigkeit könnte ja noch toleriert werden, eine geringe Besteuerung der Werbeeinnahmen sei aber völlig absurd. Diese nämlich seien inländische Einkünfte und müssten auch normal versteuert werden.

Zum Vergleich: Ein "normaler" Steuerzahler hat in Österreich bis zu 50 Prozent an den Fiskus abzuführen. In einem Radiointerview mit RTL Frankreich kritisierte Stratosphärenspringer Baumgartner diesen österreichischen Spitzensteuersatz – er sprach sogar von 55 Prozent.

Baumgartner verteidigt Depardieu

Noch viel stärker will Frankreich Spitzenverdiener zur Kasse bitten. Präsident Hollande plant, alle Einkommen über einer Million Euro mit 75 Prozent zu besteuern. Das hat wohl auch Schauspieler Gerard Depardieu dazu gebracht, seinen Wohnsitz nach Belgien zu verlegen. "Ich verstehe nicht, wieso die Leute sich beschweren, wenn jemand das macht. Wir wollen doch alle Geld sparen, da ist doch nichts Schlimmes dabei", verteidigte ihn Baumgartner gegenüber RTL Frankreich.

Auch die Debatte um Uli Hoeneß' Steuern hält Baumgartner für scheinheilig. Die meisten, die über Hoeneß herfielen, haben wahrscheinlich selbst einmal getrickst und wenn sie nur die Putzfrau schwarz beschäftigt haben oder den Fliesenleger, mutmaßte er. Hoeneß habe "einfach nur gepokert und die Gewinne nicht ordnungsgemäß angegeben", zitiert ihn das Nachrichtenmagazin Focus. Zur Erinnerung: Hoeneß hat sich selber angezeigt.

"Schützende Hand"

Er selbst habe keine Wahl mehr gehabt, als ein Finanzstaatssekretär, der zuvor seine "schützende Hand" über ihn gehalten und ihn vor dem Fiskus gerettet habe, aus seinem Amt geschieden sei, wird Baumgartner in der Kronen Zeitung zitiert. Man habe ihm den Sportlerrabatt entzogen und "gigantische Steuernachzahlungen" von ihm gefordert, erklärt er gegenüber dem Focus. "Binnen 14 Tagen war dann mein Haus gepfändet. Hätte ich zuvor nicht mein Geld beisammen gehalten, stünde ich jetzt ohne Existenz da. Es ist wirklich brutal, wenn man mal am eigenen Leib erfahren hat, wie schnell so was geht."

Jetzt lebe er als unfreiwilliger Steuerflüchtling in der Schweiz. "Ich habe in Österreich ein Büro gehabt, eine Sekretärin, mein Haus, meinen Hubschrauber, ich habe alles zurücklassen müssen", sagt er der Krone.

Lopatka: Nicht interveniert

Es sei wahr, dass sich Baumgartner bei ihm darüber beklagt habe, dass das Finanzamt für ihn nicht den sogenannten Sporterlass gelten ließ, sagt Ex-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP), eingegriffen habe er aber in kein Verfahren. Es sei lediglich geprüft worden, ob Baumgartner unter die Regelung fällt oder nicht. Das Ergebnis: Für das Finanzamt ist der Salzburger kein Sportler.

Dass Schachspieler oder Kleinkaliberschützen wie Sportler behandelt werden, Baumgartner aber nicht, sei skurril, sagt dazu etwa der Linzer Steuerberater Herbert Grünberger den Oberösterreichischen Nachrichten. Dem Basejumper fehle der Wettbewerb mit Gegnern - irgendwo müsse man schließlich eine Grenze zum Entertainment ziehen, erklärt Lopatka. Eine jahrelange Vorbereitung auf eine einmalige Sache könne man nicht als Sport im Sinne der Verordnung betrachten. Der Sportler-Erlass kennt die Kategorie "Action" offenbar nicht. (APA/part, derStandard.at, 17.5.2013)