Österreich ist ein Einwandererland. Vor ein paar Jahren hieß es noch: " Kein Einwanderungsland". Diese Aussage kam am deutlichsten, aber nicht nur, von der FPÖ. Inzwischen hat wohl ein Großteil der Politik und auch der Bevölkerung die Realität - unwillig - zur Kenntnis genommen.

Von den 8,4 Millionen Einwohnern haben 1,5 Millionen " Migrationshintergrund" (beide Eltern im Ausland geboren). Davon entstammen 1,2 Millionen der "ersten Generation" von Zuwanderern (selbst im Ausland geboren), rund 400.000 der "zweiten Generation" (Eltern im Ausland, sie selbst in Österreich geboren).

Rund 546.000 der Menschen mit Migrationshintergrund stammen aus EU-Ländern, hauptsächlich Deutschland. Bei den Nicht-EU-Ländern dominieren die aus Ex-Jugoslawien (immer erste und zweite Generation) mit 512.000 und die aus der Türkei mit 275.000.

Ein sehr beträchtlicher Teil der Menschen mit Migrationshintergrund ist jung: Es gibt 258.000 unter 15-Jährige, etwas mehr männliche (132.000) als weibliche (125.000).

Alle bisherigen Zahlenangaben beziehen sich auf die Wohnbevölkerung, nicht auf den Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft (die haben 282.000 Ex-Jugoslawen und 110.000 türkischstämmige Migranten).

Österreich in seinen verschiedenen Formen war fast immer ein Zuwanderungsland. Die große Welle begann im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts mit den Tschechen und osteuropäischen Juden nach Wien, nach 1945 kamen hunderttausende "Volksdeutsche", und sie dauert, wenn auch abgeschwächt, noch immer an. Ab den 1960er-Jahren durch den Wunsch nach billigen Arbeitskräften der Massenzuzug aus (Ex-)Jugoslawien und der Türkei.

Wie verläuft die "Integration"? Vordergründig besser als befürchtet, wie auch eine informative Studie der Statistik Austria ("Integration und Migration 2012") zeigt. Es gibt freilich eine einzige wirklich Dramatik, auch unter dem Zukunftsaspekt: Bildung.

58 Prozent der Kindergarten-Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache haben keine altersadäquate Beherrschung der deutschen Sprache. 68 Prozent der türkischen Bevölkerung haben nur Grundschule gegen 38 Prozent der Menschen aus Ex-Jugoslawien. Laut Studie verlassen "15 Prozent der fremdsprachigen Hauptschulkinder das Schulsystem ohne Pflichtschulabschluss" (dreimal so viele wie bei den Deutschsprachigen). " Der Anteil ausländischer Schüler/-innen in maturaführenden Schulen (war) deutlich unterdurchschnittlich (AHS sechs Prozent und BHS fünf Prozent). Türken und Ex-Jugoslawen mit Hochschulabschluss sind extrem selten.

Der Befund lautet leider, dass zwei der größten Migrantengruppen Gefahr laufen, aus Bildungsgründen eine permanente Unterschicht ohne Aufstiegschancen und -ehrgeiz zu werden. Gewiss, irgendwer muss auch einfachere Tätigkeiten verrichten. Es muss Bauarbeiter und Gemüsehändler geben. Aber jede größere Bevölkerungsgruppe muss auch nennenswerte Aufsteigerzahlen vorweisen, wenn die Gesellschaft nicht in Schieflage geraten soll. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 18./19./20.5.2013)