Linz - Mord oder Selbstmord? Um diese Frage zu klären, waren am Dienstag bei dem Indizienprozess gegen jenen 29-jährigen Mühlviertler - die Anklage wirft Josef G. vor, in der Nacht auf den 23. Oktober 2012 seine 26-jährige Exfreundin in Auberg getötet und das Verbrechen als Selbstmord getarnt zu haben - die Gutachter am Wort. Die These, dass der Tod von Sandra R. alles andere als freiwillig war, untermauerte auf jeden Fall Gerichtsmediziner Fabio Monticelli, der die Leiche obduziert hatte. Demnach seien die Verletzungen nicht mit einem "suizidalen Erhängen in Einklang zu bringen". Auch weise das Opfer "mehrfache stumpfe Gewalteinwirkungen" im Rückenbereich auf. "Es ist von einem gewaltsamen Ersticken auszugehen", erläuterte Monticelli.

Was nicht immer so klar war: Am 23. Oktober wird die junge Frau tot aufgefunden. Mit einem Glätteisenkabel erhängt an der Türklinke der Badezimmertür. Eine Landärztin stuft den Fall klar als Suizid ein, kurz darauf wird Sandras Leichnam zur Beerdigung freigegeben. Doch die Familie der 26-Jährigen äußert Zweifel am Freitod. Daraufhin werden eine Obduktion angeordnet, Spuren gesichert, und schließlich wird drei Wochen später Josef G. als Mordverdächtiger verhaftet.

Tötungsmethode "Burking"

Gerichtsmediziner Monticelli sieht einen Fall von "Burking". In der Rechtsmedizin wird damit eine spezielle Form des Tötens durch Ersticken beschrieben. Der Begriff geht auf William Burke, einen Serienmörder in Edinburgh Anfang des 19. Jahrhunderts, zurück. Dieser pflegte den Opfern der "West-Port-Mordserie" Augen, Mund und Nase zuzuhalten, während er rittlings auf deren Brustkorb saß. Der Tod tritt bei diesem Vorgehen durch einen Atemstillstand ein. Und: Es kommt dabei zu geringen Anzeichen eines gewaltsamen Todes.

Der Kriminalpsychologe Thomas Müller erklärte vor Richter Rainer Nimmervoll, es sei dies "einer der außergewöhnlichsten Fälle", die ihm in seiner langjährigen Karriere untergekommen seien. Müller analysierte aus dem Akt und den Fotos aus der Wohnung des Opfers, dass es sich bei Sandra R. um eine sehr ordentliche Person gehandelt habe. Müller: "Und das ist kein Selbstmord einer ordentlichen Person." Werde ein Mord als Selbstmord getarnt, dann handle es sich um ein "persönliches Tötungsdelikt." Deshalb habe die verantwortliche Person vom "logischen Täter" ablenken wollen und daher den Tatort verändert.

Die acht Geschworenen sprachen den Angeklagten einstimmig des Mordes schuldig. Das Urteil über 20 Jahre Haft ist noch nicht rechtskräftig. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 22.5.2013)