Erstaunlich glatt: das neue Restaurant Ceconi's von Jörg Wörther in Salzburg.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das geschmorte Schwein mit Bohnen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Jörg Wörther, Legende und Enfant terrible der heimischen Kochkunst, ist wieder da. Wie es sich für mythische Gestalten gehört, war der aus Bad Gastein gebürtige Koch bei seinem vielleicht legendärsten Auftritt nur als steinerner Gast zugegen: Als 2004 der (längst eingestellte) Michelin-Guide für Österreich herauskam und Herausgeber Alfred Bercher gefragt wurde, warum das Land nicht einmal einen Dreisterner habe, verwies dieser kühl auf Wörther als einzig möglichen Kandidaten – bloß dass der damals nicht mehr kochte, sondern für Carpe Diem ein Stanitzel-Konzept austüftelte.

Seit Mitte Mai aber will es der Radikalpurist unter den Großköchen des Landes doch noch einmal wissen. In einer ehemaligen Pizzeria – an einer Kreuzung gelegen, dafür mit Blick auf die Salzburger "Henkerswiese" samt Festung – hat er das mit 70 Sitzplätzen plus Gastgarten (leider auf einem Parkplatz) erstaunlich glatt gestaltete Ceconi's eröffnet.

Die Größe stellt von vornherein klar, was Wörther später bekräftigt: "Das ist kein Gourmetrestaurant. Es geht mir nicht um vier Hauben oder drei Sterne", erklärt er, "ich will nur, dass es den Tag über ordentlich zu essen gibt." Die Preisgestaltung ist entsprechend – bis auf eine gargantueske Komposition aus Foie-Gras-Terrine, gebackenem Kalbskopf und in Butter gebratenem Lammhirn (war leider nicht vorrätig) wird die 30-Euro-Grenze nicht überschritten.

Von den Alpen ins Mediterrane

Das Konzept soll den Bogen über die Alpen ins Mediterrane spannen, also Pasta und Branzino ebsenso wie gefüllte Kalbsbrust (auf Bestellung, ab sechs Personen) und sogar Bratwürstel umfassen. Große Wörther-Klassiker kommen einstweilen nur als Zitate vor: Sellerietascherl in einer paprizierten Kalbsbouillon, Rahmgurken zu marinierter Reinanke mit Erbsenpüree und Artischockenherzen. Wobei dies eine Vorspeise ist, die auf direktem Weg zurück nach Prielau weist, so zartfühlend und doch zupackend, wie Wörther da hantiert: Plötzlich scheinen alle Sorgen, jeder Zweifel über die Gültigkeit des Konzepts oder das gesichtslose Ambiente wie weggewischt, weil das Essen so unbeschreiblich gut ist.

So ganz geht sich das über den Bogen des Mahls einstweilen nicht aus. Manches, wie die geschmorten Kopfsalatherzen mit Gewürzbutter und Kapern, weist über bloße Köstlichkeit nicht hinaus. Anderes, wie der knusprig gebratene Bachsaibling mit Fenchel, wirkt fast achtlos hingeworfen.

Schwein aus dem Schmortopf wird mit grandiosen Risina-Bohnen und ebensolchem Bohnenpüree kombiniert und (siehe Bild) offenkundig mit Augenzwinkern arrangiert. Allein: Es gerät doch deutlich trockener als die Schmähs, die man darüber machen kann. Anderseits: Wörther ist der Schmäh offenkundig nicht ausgegangen, die Konzentrationsprobleme in Küche und Service sind hoffentlich schnell in den Griff zu kriegen. Schließlich ist Österreich kein Land, das auf ein monströses Genie wie Jörg Wörther verzichten könnte. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 24.5.2013)