Grasser hielt Aktien der Internet-Pleitefirma YLine

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Wien – Die FirstInEx AG, eine seinerzeitige Tochterfirma der mittlerweile insolventen Internetcompany YLine, hat sich im YLine- Pleitejahr 2001 nicht nur an der privaten Homepage des Finanzministers versucht. Die Firma hat dafür nebst anderen Beteiligten – über den Grasser-nahen "Verein zur Förderung der New Economy" – bisher unwidersprochene rund 110.000 Euro bekommen.

Wie erst jetzt durchsickerte, bekam FirstInEx im Jahr 2000 auch einen öffentlichen Auftrag über – bestätigte – 50.000 Euro vom Finanzministerium. Es ging um Arbeiten für die Neugestaltung des Internetauftritts des Ministeriums nach dem Hausherrenwechsel von Rudolf Edlinger (SP) zu Karl-Heinz Grasser (damals FP). Nicht unerhebliche Teile der Website habe das Ministerium selbst beigesteuert, hieß es.

Zwischen Grasser und FirstInEx bzw. deren Muttergesellschaft YLine gibt es Verbindungen, die in der Privatsphäre des Ministers liegen. Seinerzeitiger FirstInEx-Vorstand Dieter Jandl ist ein enger Schulfreund Grassers. Dessen Vater, Dieter Jandl senior, ist ÖVP-Obmann von Klagenfurt.

An YLine, einem bis zur jähen Pleite hochgejubelten Börsenstar, sollen etliche Freiheitliche – bis hin zu Grasser – über einen Treuhänder Aktien besessen haben. Dem Vernehmen nach hatte Grasser seine YLine-Papiere über den Klagenfurter Anwalt Stephan Medwed gekauft, auch er ein enger Freund Grassers aus Schulzeiten. Grasser-Sprecher und New-Economy-Vereinsobmann Matthias Winkler bestätigte dem Standard, dass Grasser in Besitz von YLine-Aktien war, er habe diese aber "wieder verkauft". Der Zeitpunkt von Kauf und Verkauf wurde nicht kommentiert.

Rechtlich ist es überhaupt kein Problem, wenn ein Minister Aktien an einem Unternehmen hält, erklärt VP-Abgeordneter Hermann Schultes, Vorsitzender des parlamentarischen Unvereinbarkeitsausschusses. Eine Meldepflicht bestünde nur für Politiker, die "einen qualitativen Anteil" an einer Firma besitzen, so Schultes, "wo man also in dem Unternehmen auch etwas beeinflussen kann".

In der "Versenkung"

Einsehen könne man die Meldungen an den Unvereinbarkeitsausschuss jedoch nicht. Diese würden streng vertraulich behandelt und für die vorherige Legislaturperiode an die Parlamentsdirektion gehen und dort "in der ewigen Versenkung verschwinden", so Schultes zum Standard.

Zwei historische Details, die mit Grasser allerdings nichts zu tun haben, seien am Rande erwähnt: Böhms Aufsichtsratschef war der Industrielle und Haider-Intimus Ernst Hofmann. Gegen YLine-Involvierte laufen seit dem Konkurs im Herbst 2001 Vorerhebungen der Staatsanwaltschaft, unter anderem wegen des Verdachtes der Konkursverschleppung. Dauern würde dies alles wegen der "zahlreichen Verästelungen" so lange, wie Staatsanwalt Erich Müller die verzwickte Materie beschreibt. Müller zum Standard: "Das war eine Riesen-Betrugsgeschichte. Aber es ist noch alles im Stadium der Vorerhebungen."

Mit neuerlichen Vorwürfen rund um die Steuerprüfung des Vereins zur Förderung der New Economy ließ am Dienstag der Wiener Finanzrechtler Werner Doralt aufhorchen. Von einer Prüfung durch unabhängige Beamte könne seiner Meinung nach nicht gesprochen werden. Vielmehr sei der Verein und damit indirekt der Minister von einem seiner engsten Mitarbeiter, nämlich Peter Quantschnigg, stellvertretender Leiter der Steuersektion, "reingewaschen" worden, so Doralt. Auch die von VP-Staatssekretär Alfred Finz vertretene Rechtsmeinung bezüglich der Steuerfreiheit des Vereins hält Doralt für "inhaltlich zu einem wesentlichen Teil unrichtig." Finz will sich zur Homepage-Causa nicht mehr äußern, wie seine Sprecherin mitteilte. Quantschnigg war trotz mehrmaliger Versuche nicht erreichbar.

Unterdessen hat VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka eine neue Fessel-Gfk-Umfrage präsentiert, bei der in der Vorwoche die Beliebtheitswerte von Grasser mittels 500 Telefoninterviews abgefragt wurden. Hatten Mitte Juni noch 52 Prozent der Befragten eine "gute Meinung" von Grasser (39 Prozent: keine gute Meinung), so sei der Anteil der Grasser-Fans nun wieder auf 59 Prozent gestiegen (35 Prozent: keine gute Meinung). Was Lopatka nicht dazu sagt: Im November 2002 hatten nach der gleichen Erhebung noch 66 Prozent der Befragten eine gute Meinung von "KHG". (Michael Bachner/DER STANDARD/Printausgabe, 23.7.2003)