Aktuell könnte man wieder vergessen, worum es am Aktienmarkt geht. Die Anleger hängen an den Lippen der Notenbanker. Die Aussicht, dass die US-Notenbank nichts an ihrer extrem lockeren Geldpolitik ändert, reichte aus, damit der deutsche Leitindex Dax erstmals über die Marke von 8500 Punkten steigt. Auch die US-Börsen nehmen neue Höchststände ins Visier.

Japan hat schließlich vorgezeigt, wie es geht. Seitdem klar ist, dass die Notenbank in Tokio versuchen wird, die Wirtschaft mit Staatsanleihenkäufen aus dem Deflationssumpf zu holen, ist der Nikkei-Index um über 60 Prozent gestiegen (Link). Doch heute, ohne wesentlichen Grund, sind japanische Aktien an einem extrem volatilen Handelstag um über 7,3 Prozent abgerutscht, so viel wie zuletzt nach dem großen Erdbeben und Tsunami 2011.

Nun sollte man als Investor die wichtige Frage stellen, ob es Sinn macht sich ausschließlich auf geldpolitische Signale zu verlassen, also kaufen, wenn Geld gedruckt wird und verkaufen, wenn die großzügigen Programme gestoppt werden. Es ist klar, dass es wohl einen Unterschied macht, ob die Notenbanken die Geldpolitik früher als gedacht straffen. Doch was macht noch einen viel größeren Unterschied bei der Aktienanlage? Die Gewinnlage der Unternehmen und die Bewertung am Aktienmarkt.

Und da kann man mittlerweile, gerade für die offenbar im Boom befindlichen USA und für die zuletzt so gefragten Japaner, ein flaues Gefühl bekommen. Sieht man sich die zyklisch adjustierten Kurs-Gewinn-Verhältnisse an, wirken die Aktienmärkte teuer. Zyklisch adjustierte KGVs glätten mögliche (nicht-nachhaltige) Exzesse bei den Unternehmensgewinnen und sind damit oft ein strengeres Kriterium für die Bewertung als einfache Kurs-Gewinn-Verhältnisse, die von Gewinnschätzungen für die Zukunft abgeleitet werden. Was sagen uns die strengen Bewertungskriterien aktuell?

Einen sehr raschen Überblick kann man mit den großartigen Daten von Yale-Professor Robert Shiller bekommen (Link). Für die USA hat er Finanzmarktdaten seit 1871 zusammengetragen und öffentlich gemacht. Die Botschaft ist eindeutig. Der US-Aktienmarkt ist mit einer adjustierten Bewertung von über 23 alles andere als billig. Im Schnitt lag dieser Wert bei 16. Nun hat es genug Phasen gegeben, in denen auch teure Aktien noch teurer geworden sind.

Doch für den sicherheitsbewussten Anleger ist die Botschaft aus den Daten etwas subtiler. Günstige Bewertungen sind wie eine Absicherung gegen den "Worst Case". Dazu kann man sich etwa ansehen wieviel Geld Anleger mit US-Aktien über eine Spanne von fünf Jahren verdient haben. Da stellt man fest: die Bewertung des Aktienmarktes zum Einstieg machte einen Unterschied. Je billiger man Aktien kauft, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man extrem heftige Kursverluste (jenseits der vierzig Prozent) erleidet. Da ist es relativ unwichtig, ob die Geldpolitik in einem Monat noch einmal lockert oder nicht. Wer Aktien bei einem zyklischen Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter 15 gekauft hat, hat im Schnitt mehr als 25 Prozent Rendite in den darauffolgenden fünf Jahren gemacht. Wer allerdings ab einem zyklisch adjustierten KGV von über 20,6 gekauft hat, dem winkten bereits im Schnitt Verluste. (Lukas Sustala, derStandard.at, 23.5.2013)