Wer nach dem Warten in der Ambulanz behandelt wird, dem kann in Pilot-Spitälern auch mehrsprachig geholfen werden.

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Wien - Ein Patient kommt in eine Ambulanz. Er ist offensichtlich nicht gesund - kann sich aber auf Deutsch nicht gut genug artikulieren, um dem medizinischen Personal verständlich zu machen, was ihm fehlt. Das ist nicht nur dramatisch für den betroffenen Patienten, auch für das Krankenhaus kann es Folgen haben: Der Oberste Gerichtshof verurteilte in genau so einem Fall vor einigen Jahren den Träger eines Krankenhauses zur Schadenersatzzahlung, weil ärztliche Hilfe niemandem verweigert werden darf.

Videodolmetscher in zwölf Spitalsambulanzen

Oft springt bei Sprachbarrieren Krankenhauspersonal ein; das macht die medizinische Versorgung freilich abhängig vom Zufall. Das Gesundheitsministerium, die Plattform für Patientensicherheit, das Institut für Ethik und Recht in der Medizin der Uni Wien und das Zentrum für Translationswissenschaften haben nun gemeinsam ein Projekt aufgesetzt, dass das ändern soll: Ab August wird es in zwölf Spitalsambulanzen in ganz Österreich die technische Möglichkeit geben, via Computer oder iPad Dolmetscher zuzuschalten, die auf Türkisch und BKS (Bosnisch, Kroatisch, Serbisch) übersetzen, und zwar sieben Tage in der Woche von 6 bis 22 Uhr. Das Projekt ist vorerst als Pilot aufgesetzt und läuft ein halbes Jahr lang, dann wird evaluiert.

Mitarbeitersuche für das Dolmetschzentrum

Je vier Mitarbeiter in jeder Sprache werden für das Dolmetschzentrum noch gesucht, ein einschlägiges Studium ist Voraussetzung. Die Dolmetscher werden eingeschult, das ganze medizinische Fachvokabular werde man dabei aber nicht vermitteln können, schränkt Projektkoordinatorin Sabine Parrag ein. Dennoch: "Wir gehen davon aus, dass das eine deutliche Verbesserung zur jetzigen Situation ist, wo oft zum Beispiel Kinder für ihre Eltern übersetzen müssen."

Nur ein Knopfdruck

Schon beim Anmeldeformular, das in vielen Ambulanzen mehrsprachig aufliegt, soll der Patient ankreuzen können, ob er einen ­Videodolmetscher wünscht. Der wird dann per Knopfdruck zugeschaltet, stellt sich kurz vor und holt das mündliche Einverständnis des Patienten ein. Dann kann's losgehen. Rechtlich abgesichert werden die Dolmetscher mit einer Haftpflichtversicherung.

350.000 Euro Budget

Der Pilot ist mit 350.000 Euro budgetiert, ein Evaluierungsergebnis soll bis Ende 2014 vorliegen. Projektkoordinatorin Parrag sagt, sie hielte in weiterer Folge auch eine Ausdehnung auf den niedergelassenen Bereich für sinnvoll: "In Spitälern ist oft Personal da, das zumindest rudimentär dolmetschen kann. In Arztordinationen gibt es noch viel weniger Ressourcen." Und sei die Dolmetschzentrale einmal eingerichtet, dann werde das Projekt mit größerer Beteiligung immer günstiger.

Auch Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) plädiert dafür, nach der Evaluierungsphase "einen möglichen Ausbau voranzutreiben". Die rechtzeitige Behandlung von Krankheiten nutze schließlich nicht nur Patienten und Gesundheitspersonal, sondern auch dem Gesundheitssystem insgesamt. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 24.5.2013)