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Feingold: KZler, Fluchthelfer, Zeitzeuge.

Foto: apa/Gindl

Salzburg - Bei gemeinsamen öffentlichen Auftritten bezeichnet Marko Feingold den Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser oft als seinen Bruder. Was den um 24 Jahre jüngeren katholischen Oberhirten freilich keineswegs vor der einen oder anderen Spöttelei seines Freundes schützt.

Ende April etwa waren Feingold und Kothgasser gemeinsam bei der Verlegung von Stolpersteinen zur Erinnerung an Nazi-Opfer anwesend. Der Erzbischof hat dabei beim Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde nachgefragt, was er denn tun solle, um gesund ein so hohes Alter wie dieser zu erreichen. Feingold lächelte schelmisch und meinte: "Nehmen Sie sich eine jüngere Frau."

Tatsächlich ist Feingolds zweite Frau Hanna - seine erste Gattin ist vor Jahren verstorben - um einiges jünger als Feingold, dem man seinen Hunderter nicht ansieht und dem Uneingeweihte leicht 80 geben würden. Hanna Feingold wird ihren Mann auch begleiten, wenn Dienstagabend in der Salzburger Residenz Land und Stadt Salzburg einen großen Empfang zu Ehren des Jubilars geben. Dabei grenzt es an ein Wunder, dass der Mann mit dem feinen jüdischen Humor noch lebt. Er hat vier Konzentrationslager überlebt: Auschwitz, Neuengamme, Dachau, Buchenwald.

Davor die Flucht in die Tschechoslowakei, von wo er nach Auschwitz deportiert wurde. Nicht umsonst heißt Feingolds Überlebensgeschichte, die 2012 im Otto-Müller-Verlag neu aufgelegt wurde: "Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh". Er selbst sieht sich als Zeitzeugen und als "personifiziertes schlechtes Gewissen" mancher, die damals dabei gewesen sind. Rachgefühle sind ihm, der sich trotz seiner Funktion als nicht besonders religiös sieht, trotzdem fremd. So setzte sich Feingold beispielsweise dafür ein, dass ein letztlich am Widerstand der ÖVP gescheiterter Salzburger Menschenrechtspreis nach der 1985 verstorbenen Wirtin des Krimmler Tauernhauses Liesl Geisler benannt wird.

Dies, obschon Geisler NSDAP-Mitglied war. Aber sie habe 1947 tausenden Juden bei ihrer Flucht über den Krimmler Tauern nach Italien geholfen, sagt Feingold. Das wiege die Parteimitgliedschaft bei weitem auf. Der 1913 in Neusohl - heute Banská Bystrica in der Slowakei - geborene Feingold strandete nach der Befreiung des KZs Buchenwald zufällig in Salzburg. Hier wurde er schnell zu einer der Schlüsselfiguren der jüdischen Flüchtlingsorganisation "Bricha" (Flucht), die bis zur Gründung des Staates Israel rund 250.000 Juden aus Osteuropa nach Palästina schleuste.

Selbst von Salzburg, wo er 1948 ein Modegeschäft gründete, wegzugehen und nach Israel auszuwandern sei für ihn aber nie ein Thema gewesen, erzählte er in einem STANDARD-Interview 2011. Den Katholiken habe er immer gesagt: "Wenn du nach Rom gehst, gehe ich nach Israel." (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 27.5.2013)