Aus einem Glas trinken ist für Rheumapatienten eine Herausforderung.

Foto: Fritz Jamnig

Graz - Der steirische Rheumatag (25.5.2013) hat ein vielfältiges Programm mit Expertenvorträgen zu rheumatischen Erkrankungen sowie eine Gesundheitsstraße für den Selbst-Check geboten. Ein Highlight: Die ehemalige Weltklasse-Schwimmerin Judith Draxler-Hutter und der Viererbob-Olympiasieger Harald Winkler schlüpften in einen Rheumaanzug, der die körperlichen Einschränkungen einer Rheumaerkrankung simulieren kann, und ließen das Publikum live an ihren Eindrücken teilhaben. Mit dieser Aktion wollten die ehemaligen Spitzensportler auf die Bedeutung der Früherkennung von entzündlich rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis aufmerksam machen.

Ein Bewusstsein für diese Erkrankung ist eine wesentliche Voraussetzung für eine frühe Diagnose und die rasche Einleitung einer adäquaten Behandlung. Nur so könnten schwere Krankheitsverläufe und Gelenkszerstörung verhindert werden, und die Lebensqualität der Betroffenen bleibe erhalten, bekräftigte Organisator und Rheumatag-Mitbegründer Winfried Graninger von der Klinischen Abteilung für Rheumatologie an der Medizinischen Universität Graz.

Eingeschränkte Bewegungen

"Mit dem Rheumaanzug konnte ich meine Schuhe nicht mehr selbst anziehen, und selbst der Weg auf die Bühne war ein wahrer Kraftakt", berichtet Judith Draxler-Hutter von den simulierten rheumatischen Bewegungseinschränkungen. "Die Schmerzen der Rheuma-Patienten kann dieser Anzug jedoch nicht simulieren. Insofern kann man als gesunder Mensch wohl niemals wirklich nachvollziehen, wie es Betroffenen ergeht ", ergänzt die ehemalige Weltklasseathletin.

"Im Rheumaanzug sind Bewegungen nur sehr eingeschränkt möglich. Jede kleinste Bewegung erfordert viel Kraft und macht müde. Eine Flasche Wasser zu öffnen war nahezu unmöglich. Es ist sehr unangenehm, wenn man Bewegungen nicht zu hundert Prozent so ausführen kann, wie man möchte. Das kann frustrieren", bestätigt Harald Winkler.
Besorgungen alleine machen, eigenständig ins Auto ein- und aussteigen, staubsagen, den Garten jäten, Schuhe binden, Haare waschen oder eine Milchpackung öffnen: alltägliche Handlungen können für Rheuma-Betroffene zum wahren Kraftakt werden. Eine Früherkennung der Erkrankung gefolgt von einer guten Therapie kann zur Erhaltung der Lebensqualität führen.

Der 4. Steirische Rheumatag stand deshalb ganz im Zeichen der Früherkennung und Erhaltung der Lebensqualität für Patienten mit rheumatischen Erkrankungen. Denn vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose einer rheumatoiden Arthritis vergehen oft mehrere Jahre. "Zu Beginn äußert sich rheumatoide Arthritis mit vereinzelten Schwellungen, unspezifischen Gelenks- und Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit", erklärt Graninger. Im weiteren Verlauf können Morgensteifigkeit sowie vermehrt Gelenkschmerzen und -schwellungen hinzukommen, die auch zur Bewegungseinschränkung führen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die Gelenke sind dabei immer symmetrisch befallen. Unspezifische Symptome wie Schwäche, Ermüdung, Unwohlsein, Fieber, Gewichtsabnahme oder Depressionen treten begleitend auf.

"Den praktischen Ärzten kommt als erster und wichtigster Ansprechpartner für die Gesundheitsbelange der Patienten natürlich auch in unserem Feld eine enorme Bedeutung zu", sagt Graninger, der die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen medizinischen Disziplinen noch weiter intensivieren möchte. Im Rahmen des steirischen Rheumatages fand deshalb auch eine Fortbildungsveranstaltung mit Allgemeinmedizinern statt, in der unter anderem einheitliche Diagnosekriterien für rheumatoide Arthritis präsentiert wurden.

"Damit wird es für praktische Ärzte einfacher, rheumatoide Arthritis in Betracht zu ziehen und Patienten früher an einen Rheumatologen zu überweisen, der mit Hilfe von Blut- und Labortests sowie bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Ultraschall oder Magnetresonanztomografie Verdachtsfälle abklären kann. So können wir frühzeitig die richtige Diagnose stellen und mit den Betroffenen einen Behandlungsplan erarbeiten. Damit können Folgeschäden wie Gelenkszerstörungen oder Knochendeformationen verhindert werden", ist Graninger zuversichtlich und betont die Relevanz derartiger Info-Veranstaltungen. (red, derStandard.at, 27.5.2013)