Bild nicht mehr verfügbar.

Premier Dmitri Medwedew in einem Interview mit dem Sender NTW.

Foto: REUTERS/Ekaterina Shtukina/RIA Novosti/Pool

"Ein Tag im Leben des Dmitri Anatoljewitsch" - unter diesem Motto durfte ein Team des zum Gasprom-Imperium gehörenden Senders NTW den russischen Premier Dmitri Medwedew begleiten und dabei mehr oder weniger intime Bilder aus dessen Alltag filmen. Offiziell galt die Reportage dem ersten Jahrestag des Regierungsantritts von Medwedew. Angesichts der massiven Spekulationen um seine angeblich bevorstehende Entlassung dürfte der Auftritt à la Big Brother aber vor allem als PR-Aktion zu werten sein - immerhin war Medwedew jahrelang Aufsichtsratschef bei Gasprom.

Als rundum gelungen kann die Vorstellung nicht bewertet werden. Zu angestrengt bemühte sich Medwedew, gleichzeitig den Zuschauern und seinem Chef Wladimir Putin zu gefallen und dabei auch noch gelassen auszusehen. Einerseits ließ der Premier banale Vertraulichkeiten zu und erklärte, es mache ihm nichts aus, mit "Dimon" angesprochen zu werden. Andererseits versuchte er, den machohaften Führungsstil Putins zu kopieren, und bezeichnete sich als "abgehärteten Kämpfer", den Rücktrittsgerüchte um seine Regierung völlig kaltlassen.

Diese Gerüchte hatten erst vor kurzem wieder neue Nahrung erhalten, nachdem sein Vertrauter und Stellvertreter Wladislaw Surkow von Putin mit der Begründung entlassen wurde, die Regierung setze das Wahlprogramm des Präsidenten nicht energisch genug um. Daneben ist auch Medwedews Lieblingsprojekt, der Hightech-Park Skolkowo als Symbol der Modernisierung Russlands, wegen angeblicher Korruption ins Visier der Ermittler geraten. Die zaghaften Reformen Medwedews als Präsident hat sein Vorgänger-Nachfolger ohnehin praktisch alle wieder rückgängig gemacht.

Rolle als Prügelknabe

Ungeachtet dessen demonstriert Medwedew Loyalität: Auf die Frage des Reporters nach dem Verschwinden des "Tandems" betonte er, weiterhin " kameradschaftliche, gute Beziehungen" zu Putin, die gleichen Ansichten und sogar die gleichen Gewohnheiten (kalte Morgendusche) zu haben.

Diese Treue und die Bereitschaft, als "Prügelknabe" für Putins öffentliche Schelten herzuhalten, dürfte Medwedew noch eine Weile den Job sichern, zumindest wenn sich die Wirtschaftslage nicht dramatisch verschlechtert, vermuten Experten. "Irgendwann wird die Regierung sowieso entlassen - die Frage ist nur, wann", sagt Medwedew selbst dazu. (André Ballin, DER STANDARD, 28.5.2013)