Nach längerer Pause war die ägyptische Opposition wieder auf der Straße. Die Teilnehmer der Proteste forderten nicht nur eine vorgezogene Präsidentschaftswahl, sie trugen auch Porträts von jungen Aktivisten bei sich, die in den Wochen zuvor verhaftet wurden. Ahmed Maher, der Gründer der Demokratiebewegung 6. April, war der Prominenteste auf der langen Liste. Bei seiner Rückkehr aus den USA, wo er an einer Diskussion über die ägyptische Transformation teilgenommen hatte, wurde er auf dem Flughafen abgeführt. Der Vorwurf: Er hätte im März Demonstrationen vor dem Haus des Innenministers angezettelt. Einen Tag später kam Maher frei.

Maher ist eines der bekanntesten Gesichter der Revolutionsjugend. Er organisierte Streiks gegen Mubarak, kämpfte nach der Revolution gegen die Militärregierung und prangert jetzt die Repression durch die neuen Machthaber an. Öffentlich hat er inzwischen bedauert, dass er Mohammed Morsi im Wahlkampf gegen Ahmed Shafik, den Vertreter des Mubarak- Regimes, unterstützt hatte. "Jetzt werden wir wie Verräter behandelt und unser Image beschmutzt. Wir werden von jenen ins Gefängnis geworfen, die wir verteidigt haben", schrieb er kürzlich.

Zwei Jahre nach der Revolution des 25. Jänner sind die "Besucher im Morgengrauen" wieder zurück. So umschreiben die Ägypter die Sicherheitskräfte, die in den frühen Morgenstunden in den Wohnungen auftauchen, um Verhaftungen vorzunehmen. Diese betrafen in den letzten Monaten vor allem junge Leute, darunter auch Blogger. Dutzende Aktivisten wurden angeklagt, Präsident Morsi beleidigt zu haben. Sie sollen eingeschüchtert werden, denn sie sind die Kraft, die den Geist der Revolution am Leben hält.

Die jüngste Rebellion, der sich nun praktisch die ganze Opposition angeschlossen hat, droht zu einem echten Ärgernis für den Präsidenten und die Regierung der Islamisten zu werden. Millionen Unterschriften frustrierter Bürger sind zusammengekommen, die die Absetzung des Präsidenten und Neuwahlen fordern.

Umfangreich dokumentiert

Menschenrechtsorganisationen haben Hunderte von Verhaftungen seit Jahresbeginn dokumentiert. Die Repression unter Morsi übertreffe alles bisher gekannte, sei aber chaotischer und unsystematischer als unter Mubarak, erklärte ein Anwalt am Kairoer Zentrum für wirtschaftliche und soziale Rechte. Als Reaktion hat sich nun eine Reihe von Kampagnen gebildet, um die Freilassung der Aktivisten zu erreichen. "Wir werden sie befreien" ist die letzte von ihnen, der sich die Bewegung des 6. April und mehrere Oppositionsparteien angeschlossen haben. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 28.5.2013)