Die EU hat in der Nacht auf Dienstag wieder einmal eines unter Beweis gestellt: Sie betreibt eine sehr verworrene Außen- und Sicherheitspolitik. Wenn es ans Eingemachte geht, werden nationale Interessen vor einen gemeinsamen Kompromiss gestellt. Die geeinte Stimme sucht man hier vergeblich. In diesem Fall haben sich Großbritannien und Frankreich durchgesetzt, Waffenlieferungen an syrische Rebellen werden mit Juni möglich.

Für Österreich zeigt die Debatte über die Verlängerung des Syrien-Waffenembargos nur ein weiteres Mal das Dilemma der eigenen Sicherheitspolitik. Neutralität ist nur mehr ein Mythos. Österreich ist zwar in einem Staatenverbund mit 26 anderen Staaten, teilt mit ihnen teilweise eine gemeinsame Außengrenze, einen Binnenmarkt, eine Währung und engagiert sich in sogenannten Battlegroups auch militärisch. Wenn es aber um den sicherheitspolitischen Status geht, heißt es aus dem offiziellen Österreich stets: neutral. War immer so. Wird immer so bleiben.

Doch Österreich ist nicht mehr neutral, kann es eigentlich gar nicht mehr sein.

Ein Statement von Außenminister Michael Spindelegger in der "Zeit im Bild 2" am Montagabend verdeutlicht das: "Wenn es zu Waffenlieferungen an die syrische Opposition kommt, dann wird es für Österreich sehr schwierig, das UNO-Mandat am Golan aufrechtzuerhalten. Ich will nicht, dass österreichische Soldaten zur Zielscheibe für das Assad-Regime werden." Österreichische Soldaten überwachen also die syrisch-israelische Grenze, und der Außenminister des Landes sieht ihre Sicherheit durch das syrische Regime gefährdet, auch weil Österreich Teil der EU ist, die Waffenlieferungen an die Opposition dezidiert nicht ausschließt. Österreich wird auch in Syrien als Teil der EU wahrgenommen.

Später fügt Spindelegger hinzu: "Wir werden damit auch als Partei gesehen in dem Konflikt zwischen Israel und Syrien. Das ist aber eine Grundvoraussetzung, wenn man dazwischen steht, dass man neutral ist. Wenn wir das nicht mehr tun können, dann hat es keinen Sinn mehr, dort zu sein."

Die Aufgabe der Neutralität ist notwendig, will Österreich die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU vorantreiben. Zu Zeiten des Kalten Krieges mag die Neutralität ihre Berechtigung gehabt haben, heute ist sie eine der vielen kleinen politischen Alltagslügen. Nicht neutral zu sein heißt nicht automatisch, NATO-Mitglied zu werden, Kriege zu beginnen und militärisch aktiv zu werden. Aber das Beispiel Syrien zeigt: Ob Österreich in einem Konflikt oder einer diplomatischen Angelegenheit neutral agiert, entscheidet es heute nicht mehr selbst. Durch seine europäischen Verpflichtungen kann es das auch nicht mehr. (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 28.5.2013)