Wien - Die Genossen wollen den Automaten den Stecker ziehen: Per Parteitagsbeschluss hat sich die SPÖ, wie im rot-grünen Wien vorgemacht, auf ein bundesweites Verbot des "kleinen" Glücksspiels festgelegt. In der nächsten Regierungsperiode, verspricht man im Büro von Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos, soll ein neuer Anlauf folgen, um das Bekenntnis in die Tat umzusetzen.

Zur Fahnenfrage erhoben hat das Thema die kritische SPÖ-Sektion 8. Doch wäre ein Bann auch vernünftig? DER STANDARD hat bei Suchtexperten nachgefragt - und ist auf viel Einspruch gestoßen. "Ein Verbot bringt nix", meint Peter Berger, Psychiater am AKH und Leiter der Spielsuchthilfe. Sein Linzer Kollege Christoph Lagemann vom Institut für Suchtprävention sagt: "Man darf das Glücksspiel nicht den Machenschaften einer Mafia überlassen."

Enge Grenzen gefordert

Ausrotten werde sich die Zockerei nicht lassen, argumentieren die Fachleute: Eine Automaten-Prohibition dränge Spieler nur in illegale Spielhöllen und nicht minder riskante Alternativen im Internet oder Kasino. Sinnvoller sei strenge Kontrolle. Der Staat solle das Geschäft an sich ziehen, schlägt Lagemann vor, aber enge Grenzen für Einsatz, Gewinn, Spieldauer ziehen.

Das im Jahr 2010 von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ beschlossene Glücksspielgesetz reißt den Spielraum freilich weiter auf: Statt bisher 50 Cent Höchsteinsatz ist bei Einzelmaschinen das Doppelte pro Spiel erlaubt, in Automatensalons sind sogar zehn Euro möglich. Zwar gibt es auch Regeln, die dem Spielerschutz dienen sollen, so etwa vorgeschriebene Pausen. Doch wer garantiert, ob ein Wirt wirklich einschreitet, wenn sein vielleicht bester Kunde länger als jene drei Stunden spielt, die innerhalb von 24 Stunden an einem Beislautomaten erlaubt sind?

Spielerschutz vermisst

Ein österreichweites Spielerschutzsystem, bei dem das Spielverhalten per verpflichtende Registrierungskarte überwacht wird, vermisst der Marktanalyst Andreas Kreutzer. Den Ruf nach dem Automatenverbot hält er hingegen für bestenfalls "naiv" und verweist auf das von Kreutzer, Fischer & Partner erstellte Branchenradar, in dem sich die erwartbaren Folgen abzeichneten: Während die Automateneinsätze wegen Polizeiaktionen gegen illegale Apparate und des immer schlechteren Rufs schrumpften, habe etwa Online-Gambling zugelegt - bei viel zahnloseren Beschränkungen.

Was Befürworter des Verbots dagegenhalten: Die simplen Automaten ziehen bestimmte Spielertypen an, die sich nicht zwangsläufig mit den Alternativen anfreunden - und sie sind ein leicht zu erreichendes Einstiegsangebot für junge Menschen, zumal die Kontrolle der Altersgrenze von 18 Jahren nicht verlässlich sei.

Dass die Geldfresser auch in Wien trotz des politischen Neins vorerst weiter schlucken, liegt an den noch nicht ausgelaufenen, alten Lizenzen: Erst Ende 2014 soll der letzte Cent verfüttert sein. (jo, DER STANDARD, 31.5.2013)