Am 2. Juli wird es für den ehemaligen Chef der Hypo Alpe Adria, Wolfgang Kulterer, und seinen Vize Günter Striedinger sowie für Anwalt Gerhard K. und Steuerberater Hermann G. äußerst spannend. An diesem Tag verhandeln Richter des Obersten Gerichtshofs (OGH) die Causa Vorzugsaktien 1.

Die Angeklagten haben u.a. Nichtigkeitsbeschwerden gegen das erstinstanzliche Urteil vom Mai 2012 eingelegt. Kulterer fasste damals wegen Untreue 3,5 Jahre Haft aus, Striedinger vier Jahre, Anwalt K. ebenfalls vier und Steuerberater G. 4,5 Jahre (beide Beihilfe zur Untreue).

Düstere Aussichten

Die Aussichten der vier Angeklagten sind düster. Denn: Sollte der OGH der Stellungnahme ("Croquis") der ihn juristisch unterstützenden Generalprokuratur folgen (und das tut er meist), so würden die Rechtsmittel abgeschmettert. Dann würden die Urteile rechtskräftig werden - und Kulterer, Striedinger und Co müssten ins Gefängnis.

Kurz zur Erinnerung, worum es in der Causa geht: 2004 brauchte die Hypo frisches Eigenkapital. Das stellte sie (unter anderem) über die BC Holding auf, die Vorzugsaktien im Volumen von 55 Millionen Euro zeichnete. Das Geld dafür stammte von der Hypo Liechtenstein, die es elf nur für diesen Deal gegründeten liechtensteinischen Anstalten kreditierte. Über die floss das Geld an die BC, die Anwalt K. gehört hat. Die BC kassierte bis 2007 Vorzugsdividenden (6,25 Prozent; die Kreditzinsen waren billiger) - wodurch der Bank in den Augen von Erstrichterin Sabine Roßmann ein Schaden von 5,5 Millionen Euro entstanden ist. Mangels Gegenleistung, denn das per Vorzugsaktien eingeschossene Kapital stammte ja aus der Hypo-Gruppe selbst. Anwalt und Steuerberater hätten diese " Umgehungskonstruktion" ermöglicht, indem sie das "dafür erforderliche Gesellschafts- und Finanzierungssystem entwarfen". Die Angeklagten haben das stets bestritten, für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Befangenheit eingewandt

Folgt der OGH der Verfasserin des 61-seitigen Croquis, das dem Standard vorliegt, würde er die Nichtigkeitsbeschwerden zurückweisen. Diese behaupten Verfahrensmängel wie Befangenheit, stellen die Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs (eine Voraussetzung für Untreue) in Abrede.

Haarig zu behandeln sein wird wohl der Einwand der Angeklagten, dass der gerichtliche Sachverständige befangen gewesen sei, weil er im Auftrag der Justiz in die Ermittlungen eingebunden war, im Prozess aber wie jeder Zeuge behandelt wurde; die Privatgutachter der Angeklagten dagegen nicht als Zeugen zugelassen wurden. In dem Punkt streiten nämlich die Experten.

Laut Strafprozessordnung "kann die Befangenheit eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung nicht bloß mit der Begründung geltend gemacht werden, dass er bereits im Ermittlungsverfahren tätig war". In dieser Bestimmung sehen etliche der Angeklagten eine Verletzung des Grundrechts auf Verteidigung gemäß Menschenrechtskonvention - und fordern daher den Obersten Gerichtshof auf, einen (ihm zustehenden) Antrag auf Aufhebung dieser Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Auch dafür sieht die Generalprokuratur keinen Grund.

Was diese Ansicht sehr pikant macht: OGH-Präsident Eckart Ratz hat sich diesem Thema im jüngsten Österreichischen Anwaltsblatt gewidmet. Er sieht in diesem Zusammenhang und im Faktum, dass der "spätere Ankläger den Sachverständigen im Ermittlungsverfahren bestimmt und führt", eine "grundrechtliche Schieflage". (gra, DER STANDARD, 31.5.2013)