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Michael Brandtner: "Wer in diesem Wahlkampf nicht in der Menge einfach untergehen will, sollte es wie Arnie machen. Er sollte sich auf eine verbale Positionierung und eine visuelle Positionierung fokussieren."

Foto: APA/EPA/JEON HEON-KYUN

Im Herbst sind wieder Nationalratswahlen. Und schon heute diskutieren Experten darüber, wie die Parteien diesen Wahlkampf anlegen sollten. Soll man ihn rund um eine Person oder doch besser rund um Sachthemen aufbauen? Bei der Beantwortung dieser Frage kann man viel von Dr. Best und von Arnold Schwarzeneggers erstem Wahlkampf in Kalifornien vor zehn Jahren lernen.

Sieg in Wort und Bild

2003 wurde Arnold Schwarzenegger Gouverneur von Kalifornien. Und dieser Erfolg beruhte vor allem auf einem, nämlich auf erfolgreichem Marketing. Um besser zu verstehen, worum es wirklich geht, sollten wir die Erfolgsstrategie von Arnold Schwarzenegger einmal mit der von Dr. Best vergleichen:

  • Eine simple verbale Positionierung: Dr. Best schaffte den Durchbruch mit der Idee „erste nachgebende Zahnbürste". Arnie positionierte sich als "the people's gouverneur". Beide Marken differenzierten sich so klar vom Umfeld.
  • Ein simple visuelle Positionierung: Dr. Best setzte auf eine Tomate, um den Vorteil des nachgebenden Griffs zu emotionalisieren und zu dramatisieren. Ein Bild sagt, wie schon Konfuzius wusste, mehr als tausend Worte. Es macht vor allem die verbale Idee auch glaubwürdig. (Bilder lügen nicht.) Arnie setzte auf einen Besen, um zu zeigen, wer in Kalifornien im Sinne der Bevölkerung aufräumt. Dieser Besen sorgte dafür, dass seine verbale Botschaft emotional verstärkt und gemerkt wurde.

Dr. Best, Arnold Schwarzenegger und viele andere erfolgreiche Marken haben so, wie wir es nennen, einen verbalen Nagel und einen visuellen Hammer. Der verbale Nagel ist die verbale Positionierungsidee. Der visuelle Hammer ist das eine Bild, das die verbale Positionierung visualisiert, glaubwürdig macht und vor allem die verbale Idee emotionalisiert.

Zu viele Themen, zu viel Verwirrung

Dabei hatte es am Anfang des Wahlkampfes gar nicht so gut für Arnie ausgesehen. Denn gleich nach der Bekanntgabe der Kandidatur tappte Schwarzenegger in die "Themenfalle". Statt sich auf eine Positionierung, eine Botschaft und ein Bild zu fokussieren, verzettelte er sich in zu vielen Detailthemen. So nahm er Stellung zum Abtreibungsthema, zum Thema Waffenbesitz oder zum Thema Drogenkonsum. Nur mit diesen Themen kann man sich nur Feinde, aber keine Freunde schaffen. (Wie das geht, zeigt auch unser Landwirtschaftsminister mit dem Thema "Bienensterben".)

Das gilt auch für das Marketing von Produkten oder Dienstleistungen generell. Viele Marken verzetteln sich heute, weil sie mit zu vielen Sorten und Varianten die Kunden mehr verwirren als führen. Die Folge: Die Kunden verlieren den Überblick, die Marke ihre Position, ihr klares Bild und folglich ihre Überzeugungskraft.

Nehmen Sie Blend-a-med! Einst war Blend-a-med der Marktführer bei Zahnpasta. Man besaß eine Idee, nämlich "gegen Zahnausfall" in den Köpfen der Kunden, und man war enorm erfolgreich. Noch heute kennen viele Menschen den Slogan "Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können" und das Bild vom grünen Apfel, einmal mit Blut und einmal ohne. Das war der erste Akt.

Dann kam der zweite: Man weitete die Marke mit Sorten wie Complete, Complete Plus, Synergy, Medicweiß, Kariosan, Mediclean, Pro Expert oder 3D White aus, um jeden ein bisschen anzusprechen. Die Folge: Man mutierte in den Köpfen der Kunden zu einem weiteren Produzenten von vielen Zahnpastasorten, und man verlor die Marktführerschaft. Die Nutznießer davon war die klar positionierten Spezialisten, wie Colgate Total (Komplettschutz), Odol Med 3 (3-fach-Schutz), Sensodyne (schmerzempfindlich), Meridol (Zahnfleisch) oder Elmex und Aronal (morgens und abends).

Die Lektion für den Wahlkampf 2013

Wer in diesem Wahlkampf nicht in der Menge einfach untergehen will, sollte es wie Arnie machen. Er sollte sich auf eine verbale Positionierung und eine visuelle Positionierung fokussieren. Speziell die Wahl des richtigen Bildes, des richtigen visuellen Hammers könnte dabei absolut entscheidend sein. Denn wenn sich alle Parteien, was aus heutiger Sicht zu befürchten ist, mit zu vielen Themen verzetteln, könnte die Partei der große Gewinner sein, die dem Kunden ein starkes emotionales Bild vermittelt. So einfach in der Theorie und doch oft so unendlich schwer in der Praxis. (Michael Brandtner, derStandard.at, 6.6.2013)