In Högmoos in Salzburg riss eine Mure Autos mit. Mehr Bilder finden Sie in der Ansichtssache.

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Im Bezirk Braunau ist es zu den ersten Überschwemmungen gekommen.

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Regenmengen bis Sonntagfrüh.

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Murenabgang bei Taxenbach in Salzburg.

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Straßen mussten gesperrt werden.

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Die Feuerwehr in Oberösterreich war im Dauereinsatz.

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Sicherungsmaßnahmen an einem Haus in Schärding.

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Wien – Die schweren Niederschläge haben in weiten Teilen Österreichs Hochwasser und Murenabgänge ausgelöst. Betroffen waren am Sonntag vor allem Vorarlberg, das Tiroler Unterland, weite Teile Salzburgs und in Oberösterreich das Salzkammergut und das Innviertel sowie der Donauraum und die Zubringergewässer bis ins zentrale Niederösterreich. Im größten Bundesland wurden einige Gemeinden entlang der Donau zum Katastrophengebiet erklärt.

Der Schwerpunkt des Hochwassers hat sich im Laufe des Sonntag langsam Richtung Osten Österreichs verlagert. Erst am Abend entspannte sich die Situation lokal, Pegelrückgänge wurden etwa aus Vorarlberg, Nordtirol und der Stadt Salzburg gemeldet.

In anderen Regionen blieb die Lage angespannt, etwa im Salzburger Pongau, wo am Sonntag ein Mann durch einen Murenabgang ums Leben kam. Die Mure überraschte gegen 12.00 Uhr drei Arbeiter im Ortsteil Einöden, sie waren gerade mit Aufräumarbeiten beschäftigt. "Einer der Männer war vorerst vermisst worden. Er konnte knapp vor 13.00 Uhr leider nur mehr tot geborgen werden", sagte Polizeisprecher Anton Schentz. Dr 62-jährige Landwirt war von den Erdmassen vermutlich rund 150 Meter mitgerissen worden. Er dürfte auf der Stelle tot gewesen sein.

Zwei Vermisste in Salzburg

Zwei Personen werden nach Murenabgängen in Taxenbach im Salzburger Pinzgau weiterhin vermisst. "Die Suche geht weiter", sagte Bürgermeister Franz Wenger am späten Sonntagnachmittag. Bei den Vermissten handelt es sich um Taxenbacher, eine 19 Jahre alte Frau und einen 48-jährigen Landwirt. Sie sind in der Nacht auf Sonntag in ihren Fahrzeugen von Erdmassen erfasst und in Bäche gedrückt worden. Im Auto der 19-Jährigen saß noch ihre Schwester, diese konnte sich selbst befreien.

Auch in Vorarlberg wurde am Sonntagnachmittag entlang des Koblacher Kanals auf Höhe Mäder (Bezirk Feldkirch) nach einem Vermissten gesucht: Der Mann war von seinem Heimweg entlang des Kanals nicht nach Hause gekommen, ein Unglück im Zusammenhang mit den Unwettern wurde befürchtet.

Politik verspricht Gelder

Vertreter der Politik meldeten sich am Sonntag mit Versprechen an die Betroffenen: "Wir werden in enger Abstimmung mit den Ländern, rasch und unbürokratisch mit den Mitteln des Katastrophenfonds helfen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann. "Wir sind in ständigem Kontakt mit den Einsatzkräften des Bundesheeres, der Feuerwehren, der Polizei, aber auch mit betroffenen Bürgermeistern."

"Angesichts der dramatischen Hochwasserereignisse werden wir rasch und unbürokratisch helfen", wiederholte Finanzministerin Maria Fekter am Sonntagnachmittag die Worte des Kanzlers. Sie will Rücklagen ihres Ressorts zur Verfügung stellen. In Tirol will Landeshauptmann Platter am Dienstag ein Hilfspaket beschließen. Zu Aufräumarbeiten forderte er zusätzlich zu bereits 25 im Einsatz stehenden Rekruten weitere 100 Soldaten des Bundesheeres an.

Dass der aktuelle Hochwasserschutz wirkt, hat Umweltminister Nikolaus Berlakovich bekräftigt: "Wichtig ist, dass verhindert wird, dass Menschen zu Schaden kommen." Darüber hinaus sei wichtig, dass Hochwasserschutzeinrichtungen, die durch die Fluten in Mitleidenschaft gezogen werden, möglichst schnell wieder instand gesetzt würden. Aus einem im Vorjahr eingerichteten Soforthilfetopf stehen dem Minister zufolge im heurigen Jahr 31 Millionen Euro zur Verfügung.

Leichte Entspannung in Stadt Salzburg

Das Bundesland Salzburg war den ganzen Sonntag lang eines der am stärksten von Überflutungen und Murenabgängen betroffenen Gebieten. Erst am Abend entspannte sich die Lage, der Pegelstand der Salzach in der Stadt Salzburg war um 18.00 Uhr bei der Staatsbrücke auf 8,17 Meter gesunken. Der Tageshöchststand lag bei 8,51 Metern.

In Filzmoos im Pongau war der Pkw einer 24-jährigen Frau rund 50 Meter von einer Mure mitgerissen worden. Die Lenkerin wurde von der Feuerwehr geborgen und vom Rettungshubschrauber "Martin 1" in das Krankenhaus Schwarzach geflogen. "Ein Feuerwehrmann hat sich bei der Bergung leicht verletzt", sagte Polizeisprecher Schlentz.

In Oberndorf im Flachgau sind wegen der hochwasserführenden Salzach rund 80 Bewohner evakuiert worden. "Teile des Ortszentrums sind überflutet", sagte Katastrophenschutzreferent Markus Kurcz. "Eine Zwangsevakuierung von weiteren 80 Personen ist vorbereitet, aber noch nicht eingeleitet worden. Diese Maßnahme hängt von der weiteren Entwicklung an der Salzach ab."

Tausende Helfer im Einsatz

Am Sonntagvormittag ist in Salzburg ein Assistenzeinsatz des Bundesheeres angefordert worden. Rund 50 Soldaten der Struckerkaserne in Tamsweg im Lungau rückten nach Taxenbach aus. 4.150 Feuerwehrleute waren im gesamten Landesgebeit an 2.237 Schadensstellen im Einsatz. Das Rote Kreuz hat knapp 1.000 Mitarbeiter im ganzen Land mobilisiert. Tausende weitere sind laut Aussendung alarmiert und in Rufbereitschaft.

Auch dutzende Mitarbeiter des Energieversorgers Salzburg AG waren am Sonntag im Dienst, um einige unwetterbedingte Stromausfälle zu beheben. Laut Landeshauptfrau Gabi Burgstaller "wird ein Fernbleiben von Schülern vom Unterricht wegen des Hochwassers in Salzburg am morgigen Montag als entschuldigt beurteilt".

Mehrere Orte in Oberösterreich evakuiert

In Oberösterreich waren vor allem das Salzkammergut, das Innviertel und der Donauraum betroffen. Die Ortschaft Ettenau bei Ostermiething (Bezirk Braunau) mit mehr als 100 Einwohnern wurde am Vormittag evakuiert, auch in Bad Ischl mussten 20 Personen ihre Häuser verlassen. In Schärding wird erwartet, dass der Inn in der Nacht auch Teile der Stadt überflutet. Der Pegel soll laut Prognosen am Montag die Marke von zehn Metererreichen, beim Jahrhunderthochwasser 2002 waren es 8,80 Meter.

In ganz Oberösterreich wurden bis zum späten Sonntagnachmittag rund 7.600 Freiwillige Feuerwehrleute zu 814 Einsätzen gerufen. In Ostermiething (Bezirk Braunau), Bad Ischl (Bezirk Gmunden), Baumgartenberg (Bezirk Perg) und in der Stadt Steyr wurden Bewohner evakuiert.

Überflutungen, Muren und Hangrutsche machten etliche Straßen unpassierbar, die Feuerwehren standen im Großeinsatz. Mehrere Autofahrer, die Straßensperren im Salzkammergut ignoriert hatten, wurden von der Feuerwehr mit Booten gerettet. Im Weißenbachtal wurde ein Fahrzeug zwischen zwei Muren eingeschlossen. Die Gemeinde Obertraun war von der Außenwelt abgeschnitten.

Lage in Niederösterreich zugespitzt

Auch in Niederösterreich wurde die Situation immer prekärer. "Die Lage spitzt sich zu", brachte der für Katastrophenschutz zuständige Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) am Sonntagnachmittag die Hochwassersituation an der Donau auf den Punkt. Die Erklärung einiger Gemeinden entlang dem Strom zum Katastrophengebiet hat am Sonntagabend der Landesführungsstab unter der Leitung Pernkopfs in der Landeswarnzentrale in Tulln getroffen.

An der Donau sei – wie zuletzt im August 2002 – mit einem 100-jährlichen Ereignis zu rechnen, sagte Pernkopf. Der mobile Hochwasserschutz sei überall auf die Maximalhöhe aufgestockt worden. Das Bezirksfeuerwehrkommando Krems hat am Sonntagabend dennoch darauf hingewiesen, dass ein Wasserübertritt in der Wachau ab Montagmittag "nicht ausgeschlossen werden" könne. Die aktuellen Prognosen wurden gleichzeitig als "immer noch unsicher" bezeichnet.

Die Bewohner der Siedlungen im Augebiet der Donau in Klosterneuburg und in der Katastralgemeinde Kritzendorf wurden am Sonntagabend aufgefordert, ihre Objekte zu verlassen und ihre Fahrzeuge zu entfernen. Für Montag und Dienstag werde ein weiterer Anstieg des Pegels des Stroms um etwa eineinhalb Meter erwartet, berichtete die Landespolizeidirektion.

Altstadt in Melk überflutet

Die Altstadt von Melk wurde ebenso überflutet wie jene St. Valentins (Bezirk Amstetten). Die FF Melk werde wohl "heimatlos", sagte Franz Resperger, Sprecher des Landesfeuerwehrkommandos, weil ihr Provisorium an der Donau ebenfalls vor der Überflutung stand und mehr oder minder aufgegeben wurde. Das Objekt werde nach der Flut kaputt sein, sagte Resperger.

Evakuierungen gebe es auch in Marbach und Emmersdorf im Bezirk Melk sowie im Ortsteil Hinterhaus von Spitz (Bezirk Krems). Seitens der Feuerwehr wurde inzwischen ein Polizeihubschrauber angefordert, um sich nicht nur ein Bild vom Ausmaß des Hochwassers machen, sondern auch eventuelle Schwachstellen im Schutz an der Donau aus der Luft erkennen zu können, so Resperger.

St. Valentin (Bezirk Amstetten) ist von den Enns-Fluten schwer getroffen worden. Sonntagabend musste eine Frau aus einem vom Hochwasser eingeschlossenen Haus gerettet werden, auch die Feuerwehrzentrale war bedroht, teilte Philipp Gutlederer vom Bezirkskommando auf Anfrage mit. Zahlreiche Objekte in der Stadt seien überschwemmt. Die gerettete Frau wurde zunächst bei der Feuerwehr untergebracht und versorgt. Weil auch der Zentrale der freiwilligen Helfer die Überflutung drohte, rückten in den Abendstunden Kräfte aus Amstetten mit Sandsäcken an. Es sollte versucht werden, das Objekt zu retten, so Gutlederer. In Aschbach mussten mehrere Personen in Sicherheit werden.

Vorarlberg: Knapp 20 Erdrutsche

In Vorarlberg ereigneten sich bis Sonntagvormittag knapp 20 Erdrutsche. In Hittisau (Bregenzerwald) wurde dabei auch ein Auto erfasst, der Lenker blieb aber unverletzt. Ein Abschnitt der Rheintalautobahn (A14) stand unter Wasser und musste gesperrt werden. Muren gingen unter anderem in Langen bei Bregenz nieder. Im Bregenzerwald gab es Meldungen über Erdrutsche auf die L26 zwischen Egg und Schwarzenberg sowie in Hittisau.

Gegen Sonntagmittag ließ der Regen im westlichsten Bundesland nach. Am Abend gab Landeshauptmann Markus Wallner Entwarnung. "Die erhöhte Alarmbereitschaft ist beendet", erklärte der Landeschef. Er dankte den Einsatzkräften für die unermüdliche Arbeit. Die Feuerwehr verzeichnete mehr als 1.300 Einsätze an den zurückliegenden Unwettertagen.

Hunderte Häuser in Kössen gefährdet

In Tirol waren die Feuerwehren in den Bezirken Kufstein und Kitzbühel im Dauereinsatz. In Kössen mussten 80 Personen ihre Häuser verlassen, weil die Großache über die Ufer getreten war. Insgesamt waren laut Land rund 200 Häuser gefährdet. 1.500 Haushalte in Kössen waren ohne Strom, dies werde voraussichtlich bis Montag andauern. Der Kitzbüheler Bezirkshauptmann Michael Berger berief am Vormittag einen Krisenstab ein und appellierte an die Bevölkerung, unnötige Fahrten zu unterlassen. Zahlreiche Straßen wurden gesperrt

Die Experten des Landes hofften am Sonntagabend mit einer leichten Entspannung der Situation im Tiroler Unterland. Die Intensität der Niederschläge habe abgenommen und die Pegelstände der Flüsse seien etwas rückläufig, berichtete Marcel Innerkofler, Leiter der Landeswarnzentrale Tirol (LWZ). Der Regen werde aber bis nach Mitternacht anhalten.

Alpenvereinshütte von Umwelt abgeschnitten

In der Steiermark gab es ebenfalls Hochwasser und Überflutungen. Vor allem die Feuerwehren im Bezirk Liezen und dort in der Region Ausseerland hatten seit etwa 2.00 Uhr mit zahlreichen Einsätzen zu kämpfen. Im Gemeindegebiet von Öblarn ging in einem Seitental eine Mure ab, wodurch Gehöfte, die Alpenvereinshütte "Berghaus" sowie die dort wohnenden Personen von der Umwelt abgeschnitten wurden. Die Besucher des traditionellen Narzissenfests in Bad Aussee müssen aus Sicherheitsgründen beim Höhepunkt am Sonntag auf den Bootskorso am Grundlsee verzichten.

Regen-Nachschub bis Montagabend

Obwohl für Dienstag etwas Hochdruckeinfluss in Sicht ist, dürfte noch einiges auf die bereits vom Dauerregen geplagten Gebiete zukommen: Laut ZAMG werden bis Montagabend weitere 60 bis 70 Liter pro Quadratmeter auf die bereits durchnässten Böden niedergehen. Am schlimmsten hat es in der vergangenen Nacht Bad Aussee getroffen, wo enorme 112 Liter Niederschlag gemessen wurde.

An der Nordseite der Alpen fielen laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in wenigen Tagen Mengen wie in dieser Jahreszeit in eineinhalb bis zwei Monaten. Verantwortlich dafür ist ein im Mittelmeer entstandenes Tief, das Österreich regelrecht "umrundet" hat. Zunächst wurde der Osten gestreift, dann verlagerte es sich nach Westen, was nicht oft vorkommt. Eine derartige Wetterentwicklung sei nicht ungewöhnlich, jedoch, dass sich ein Tief so lange über unserem Land hält, erläuterte eine Meteorologin.

Wirkliche Entspannung erst am Dienstag

So sind in den vergangenen Tagen extreme Regenmengen zusammengekommen. Schwerpunkt war die Nordseite der Alpen, im Gebiet von Vorarlberg über Tirol und Salzburg bis zum Bergland von Oberösterreich und Niederösterreich sowie die Obersteiermark. Dort registrierten die Messstellen seit Donnerstag zumeist 150 bis 200 Liter pro Quadratmeter.

Bei der ZAMG rechnet man mit bis zu weiteren 60 Litern im Nordstau, wobei die Mengen nach Westen und Osten abnehmen: Im Tiroler Oberland sowie im westlichen Niederösterreich werden es etwa 20 Liter, im östlichen Teil und im Burgenland nur mehr zehn. Ab Dienstag kommt überall in Österreich zeitweise die Sonne hervor. Einzelne Schauer oder Gewitter sind aber möglich. (APA/red, derStandard.at, 2.6.2013)