Kairo - Der Streit zwischen Justiz und der von Islamisten dominierten Regierung in Ägypten geht in die nächste Runde. Das Verfassungsgericht erklärte am Sonntag jenes Gesetz für verfassungswidrig, das die Grundlage für die Wahl des Senats bildete. Der Senat dürfe jedoch im Amt bleiben, bis ein neues Parlament gewählt sei. Wann dies der Fall sein wird, ist vorerst noch unklar. Präsident Mohammed Mursi hatte zuletzt für Oktober Parlamentswahlen in Aussicht gestellt. Auch der Verfassungsrat, der die im Dezember per Referendum angenommene Verfassung ausgearbeitet hatte, wurde für verfassungswidrig erklärt.

Der Senat oder Schura-Rat ist derzeit das einzige gesetzgebende Organ, da es seit rund einem Jahr keine zweite Parlamentskammer gibt. Das Unterhaus war bereits im vergangenen Jahr nach einem ähnlichen Gerichtsurteil aufgelöst worden. Nach Angaben des Präsident des Verfassungsgerichts, Maher al-Beheiri, kann der Senat zwar vorerst weiter bestehen, er dürfe jedoch keine Gesetze mehr entlassen.

Auswirkungen noch unklar

Welche konkreten Auswirkungen der Spruch des Verfassungsgerichtshof über den Verfassungsrat hat, war vorerst unklar. Manche Experten gehen davon aus, die Verfassung könnte nicht für ungültig erklärt werden, weil sie per Volksabstimmung von einer Mehrheit der Bevölkerung angenommen worden sei.

Zwischen den obersten Staatsorganen Ägyptens gibt es seit Monaten ein heftiges Tauziehen. Während die regierenden Islamisten und Mursi argumentieren, juristische Reformen seien nötig um den Transformationsprozess nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Hosni Mubarak zu vollenden, wehrt sich die Justiz gegen Machteinbußen und den wachsenden Einfluss der Muslimbruderschaft.

Das am Sonntag gefällt Urteil dürfte die Spannungen einmal mehr anheizen. Vor der Bekanntgabe der jüngsten Entscheidung wurde der Polizeischutz rund um das Gebäude des Verfassungsgerichts in einem Randbezirk der Hauptstadt Kairo verstärkt. Im Dezember war das Gericht von Anhängern von Präsident Mohammed Mursi belagert worden, als es eine Entscheidung zur Rechtmäßigkeit der Verfassungskommission bekannt geben wollte. (APA, 2.6.2013)