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Hamdallah tritt die Nachfolge des bisherigen Regierungschefs Fayyad an.

Foto: EPA/ALAA BADARNEH

Keine wesentlichen politischen oder personellen Veränderungen werden erwartet, nachdem Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Sonntagabend den Sprachwissenschafter Rami Hamdallah, einen international unbekannten Politnovizen, mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt hat.

Westliche Staaten, die gerne den bisherigen Premier Salem Fayyad als Ansprechpartner behalten hätten, können sich damit trösten, dass Hamdallah wie sein Vorgänger als pragmatisch und besonnen gilt. US- Außenminister John Kerry gratulierte und sprach von der Hoffnung auf einen gemeinsamen "Weg zu einer ausgehandelten Zwei-Staaten-Lösung". Doch mit Fayyad, der nach einem Zerwürfnis mit Abbas Mitte April ein Rücktrittsgesuch eingereicht hat, scheidet ein weithin anerkannter Wirtschaftsfachmann aus der palästinensischen Führung aus, der zunächst als Finanzminister und dann als Regierungschef gut ein Jahrzehnt lang am Aufbau staatlicher Institutionen gearbeitet hatte.

Der 55-jährige Hamdallah ist seit 1998 Rektor der An-Najah- Universität in Nablus. Mit Politik hatte er bisher nur am Rande zu tun, nämlich als Generalsekretär von Wahlkomitees. Anders als sein unabhängiger Vorgänger Fayyad gehört Hamdallah der im Westjordanland regierenden Fatah-Partei an, weshalb er ein für Abbas bequemerer Premier sein dürfte, der wohl keine Absichten hat, sich als Rivale zu profilieren. Auf Kerrys Bemühungen, Verhandlungen einzuleiten, dürfte die Umbesetzung wenig Einfluss haben, da dieses Thema Chefsache von Abbas ist.

Die radikalislamische Hamas hat die Ernennung in einer Erklärung am Montag als "illegal" bezeichnet. Abbas hatte zuvor betont, er würde zu einer Vereinbarung mit der Gruppierung über die Bildung einer provisorischen Einheitsregierung stehen, die bis August Neuwahlen vorbereiten soll. Wenn er die Regierung Hamdallah als ein solches Übergangsinstrument betrachtet, würde diese nur drei Monate im Amt bleiben. Eine Abhaltung der Wahlen gilt aber als ebenso unwahrscheinlich wie die neuerliche Bildung einer Koalition Fatah/Hamas, die das Aus für Kerrys Initiative bedeuten würde, weil sowohl Israel als auch die USA jeden Kontakt mit der Hamas ablehnen. (Ben Segenreich, DER STANDARD, 4.6.2013)