Wien - Kaum lässt Josef Cap doch mit sich über eine Aufwertung der Volksbegehren reden, schon lässt der SPÖ-Klubchef den Koalitionspartner ÖVP spüren, was schon demnächst auf ihn zukommen könnte - nämlich: Plebiszite über eine Millionärssteuer.
Montagvormittag, Klubklausur der Sozialdemokraten im Wiener Museumsquartier. Der Kanzler und SPÖ-Vorsitzende ist im Hochwassereinsatz - und so übernimmt Cap die Rolle des Wortführers bei der roten Veranstaltung, die sich eigentlich dem "leistbaren Wohnen" widmen wollte.
Die Millionäre werden immer reicher, prangert der rote Klubchef an - und regt sogleich an, dass der nun doch parteiübergreifend geplante Automatismus, dass erfolgreiche Volksbegehren in eine Volksbefragung münden sollen, auch für eine Durchsetzung von Vermögenssteuern herhalten könnte: "Ich weiß nicht, ob sich die ÖVP das überlegt hat", so Cap nicht ohne Schalk, "aber ich bin mir nicht sicher, ob die Bevölkerung sagt: ,Na, das wär' einmal ein Thema!'" Belange rund um die Menschenrechte und die Union müssten bei diesen Plebisziten freilich ausgespart bleiben - "aber Gerechtigkeitsfragen wie die Millionärssteuer könnten eine Rolle spielen!"
Wie eine Weihnachtsgans
Erst am Wochenende sind sich Cap und die ÖVP in der heiklen Angelegenheit nähergekommen. Konkret plädieren die Schwarzen schon seit langem dafür, dass nach Volksbegehren, die von zehn Prozent der Stimmberechtigten unterstützt werden (das entspricht rund 600.000 Personen), Volksbefragungen abgehalten werden sollen. Cap hält einen begleitenden Gesetzestext, die Opposition wiederum eine Hürde von nur vier Prozent für angemessen. Doch die Grünen haben bereits signalisiert, dass das Vorhaben nicht daran scheitern wird, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wie Cap können nämlich auch sie sich vorstellen, dass eine Clearing-Stelle über die abzufragenden Materien wacht.
Heute, Dienstag, steht der zweite Teil des Demokratiepakets, für den SPÖ und ÖVP eine Zweidrittelmehrheit brauchen, wieder auf der Tagesordnung des Verfassungsausschusses. Allerdings rechnen die Beteiligten damit, dass die Verhandlungen noch weit in den Juni andauern - bis zur Sommerpause des Parlaments stehen jedenfalls noch sechs Plenartage für einen Beschluss an.
Die ÖVP reagierte am Nachmittag recht verstimmt auf die rote Klausur. Generalsekretär Hannes Rauch erklärte, es sei "beschämend", dass sich Cap Volksbegehren samt anschließenden Volksbefragungen über die Millionärssteuer erhofft. Der einzige Grund für das Ja der SPÖ zu mehr Bürgerbeteiligung sei offenbar "der schamlose Griff ins Geldbörserl der hart arbeitenden Bevölkerung". Dazu betonte Rauch, dass mit der ÖVP nicht über neue Belastungen verhandelt werden kann: "Wir stellen uns schützend vor Familien und Mittelstand, die unter dem Deckmantel der Faymann'schen Millionärssteuer wie eine Weihnachtsgans ausgenommen werden sollen."
Auf das eigentliche Thema Wohnen kam übrigens Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) zurück. Sie verlangte im Museumsquartier erneut eine Zweckbindung der Wohnbauförderung oder nach 600 zusätzlichen Millionen, die in den Wohnbau fließen sollen. Denn: "Es kann nicht sein, dass man mit dem Geld Kreisverkehre baut!" (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 4.6.2013)