Te Urutahi, eine Stammesälteste des Taranaki-Clans, hat sich der schmerzhaften Prozedur der Gesichtstätowierung unterzogen. Sie trage ihr Ta Moko mit "Stolz und Verantwortung".

Foto: Urs Wälterlin

Claire Nathans Traum Stewardess zu werden, scheiterte schlussendlich an ihrer Maori-Tätowierung am Arm. Damit könne sie nur im Frachtbereich arbeiten, eröffnete ihr Air New Zealand während des Bewerbungsgespräches, berichtete die Tageszeitung New Zealand Herald. Der Entscheid führte zu einer Welle der Empörung im Inselstaat, in dem sich 15 Prozent der rund vier Millionen Einwohner als Maori identifizieren.

Denn gerade Air New Zealand wirbt regelmäßig mit Bildern von Maori-Symbolen, etwa dem Silberfarn. In ihrer Werbung spielen stark tätowierte Maori eine wichtige Rolle. "Ich dachte, sie wären stolz, wenn jemand mit einer traditionellen Tätowierung die Fluggesellschaft repräsentiert", meint Claire Nathan enttäuscht. Air New Zealand begründete das Verbot mit dem Hinweis, dass "in vielen Kulturen Tätowierungen als etwas Beängstigendes wahrgenommen werden".

Wiedererwachen der Maori-Kultur

Die Maori-Kultur als Tourismusattraktion ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Neuseeland. Doch auch für Einheimische haben Sprache und Gebräuche in den vergangenen Jahren wieder stark an Bedeutung gewonnen - auch die traditionelle Gesichtstätowierung Ta Moko, wie sie Te Urutahi, eine Stammesälteste des Taranaki-Clans, trägt.

Dass die Sprache überleben konnte, sei mit ein Grund für das wiedererwachende Interesse jüngerer Maori an ihrer uralten Kultur, meint Te Urutahi. Sie ist ein eindrückliches Beispiel für diesen Trend: Blauschwarze Spiralen und Striche ziehen sich von ihrem Kinn zur Unterlippe, auch die Stirn ziert ein Ta Moko.

Sprache als rettende Brücke

"Eine Gesichtstätowierung war über Jahrhunderte für Maori-Frauen und - Männer ein Zeichen für Kraft, Wohlstand und soziale Stellung", sagt sie. Bis vor ein paar Jahren unterzogen sich meist nur noch Maori- Nationalisten der extrem schmerzhaften Prozedur. In jüngster Zeit hätten sich auch vermehrt wieder Frauen für die uralte Kunst entschieden und würden ihr Ta Moko "mit Stolz, Ehre und Verantwortung" tragen.

War es den Maori, die im 13. Jahrhundert mit Kanus von Pazifikinseln nach Neuseeland kamen, unter britischen Siedlern noch untersagt, ihre Sprache zu sprechen, erlebte die Kultur in den vergangenen Jahren eine richtiggehende Renaissance - auch unter Pakeha, der weißen Bevölkerung Neuseelands. (Urs Wälterlin, DER STANDARD, 4.6.2013)