Bild nicht mehr verfügbar.

David Alaba muss das ominöse Siegergen haben.

Foto: APA/Jäger

Wien - "Ich habe noch nicht genug, ich bin und bleibe hungrig", sagt der 20-jährige David Alaba und gibt dem großen Rest seines Fußballerlebens Sinn. Im Morgengrauen ist er am Montag mit dem Auto von München nach Wien gefahren, schon schnell, aber gerast ist er natürlich nicht. Die Hochwassergebiete hat er umkurvt, und jetzt sitzt er pünktlich um die Mittagszeit im Medienzentrum des Happel-Stadions und sagt, dass er noch keine Zeit gefunden habe, müde zu sein. Im Gegenteil. " Ich habe ausschließlich Schweden vor den Augen."

Gewinnt einer mit Bayern München binnen weniger Wochen das Triple, also Meisterschaft, Cup und Champions League, hat das gravierende Folgen. Zum Beispiel einen Eintrag ins goldene Buch der Stadt München. Normalerweise muss man da Staatspräsident, Papst oder Friedensnobelpreisträger sein, eine Mondlandung ohne Sauerstoff dürfte auch reichen. Der Fußballer Alaba ist "schon stolz darauf". Die Feierlichkeiten seien wunderbar gewesen, es werde Wochen dauern, "bis ich das alles realisiert habe. Das braucht noch ein bisschen. Der Druck war gewaltig. Ich durfte wunderschöne, unvergessliche Momente erleben, die vergisst man nie. Sie waren so toll, dass ich diese Gefühle wiederholen möchte."

Alaba hinterfragt die Dinge nicht, er akzeptiert sie. Vielleicht hat er das medizinisch nicht nachweisbare Siegergen, Teamchef Marcel Koller geht jedenfalls davon aus. "Weil er alles abrufen kann und immer Vollgas gibt." Der Schweizer schätzt an Alaba, "dass er sich nicht aufs Podium stellt und sagt, ich mache das alleine. Er weiß ganz genau, dass es nur im Gesamtpaket funktioniert. Sein Selbstvertrauen nützt der gesamten Mannschaft."

Alaba dürfte nicht voll realisiert haben, dass er mittlerweile zur absoluten Weltklasse zählt. Vielleicht vermutet er es, öffentlich behaupten würde er es nicht einmal unter Androhung von Folter. "Der Zlatan Ibrahimovic ist absolute Weltklasse", sagt er. Und was ist mit ihm selbst, Kreisklasse? Die Antwort ist ein verlegenes Lächeln, ein sehnlicher Blick nach einem Themenwechsel. Vielleicht noch einmal das goldene Buch der Stadt München.

Alaba hat in aller Bescheidenheit die "Mia-san-mia"-Mentalität der Bayern angenommen. "Die bekommst du schon in der Jugend eingespritzt. Das geht dann bis zu den Profis hoch. Du willst einfach jedes Spiel gewinnen, das ist alternativlos." Bei den Bayern muss er links in der Viererkette dienen, im Nationalteam darf er seine Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld einnehmen. Im Klub hat er vorsichtig vorgefühlt, das Feedback war insofern bescheiden, als es gar keines gegeben hat. Der Wiener zog die nicht gerade beinharte Konsequenz. "Ich habe mich damit angefreundet, Außenverteidiger zu sein. Sie brauchen mich auf dieser Position. In meinem Alter ist es wichtig, dass ich Woche für Woche auf diesem Niveau spielen darf."

Am Freitag kickt er zum 25. Mal im Nationalteam. Die Premiere fand 2009 unter Dietmar Constantini gegen Frankreich statt. Alaba war und bleibt wohl auch für die nächsten dreihundert Jahre der jüngste Debütant in der Landesgeschichte. "Es waren gute und ein paar schlechte Partien dabei. Aber es immer etwas Besonderes und eine große Ehre, wenn man für Österreich auflaufen darf."

Das Jubiläumspiel soll "ein sehr gutes" werden. Denn Alaba ortet im gesamten Nationalteam die "Mia-san-mia"-Mentalität. "Wir sind eine Supertruppe mit sehr vielen individuell starken Spielern. Wenn wir unsere Fähigkeiten gemeinsam aufs Feld bringen, haben wir gute Chancen. Die Qualifikation für die WM ist das nächste große Ziel."

Koller hat am Montag mit der intensiven, taktischen Vorbereitung begonnen. Und Alaba sagte noch, dass es nun wieder bei null losgehe. Nach der Schweden-Partie werde er sich eventuell die Zeit nehmen, ein bisserl müde zu sein. (Christian Hackl, DER STANDARD, 4.6. 2013)