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Das deutsche Elterngeld auf dem Prüfstand: Zumindest ist durch die einkommensabhängige Leistung die Geburtenrate nicht gestiegen.

Foto: APA/Andreas Gebert

Das 2007 in Deutschland eingeführte Elterngeld erfüllt die meisten seiner Ziele, doch es führt nicht dazu, dass mehr Kinder geboren werden. So lauten die zentralen Ergebnisse einer Studie, die die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung in Auftrag gegeben hatte.

Die damalige Familienministerin Ursula Von der Leyen (CDU) wollte mit dem Elterngeld fünf Ziele erreichen: eine erhöhte Väterbeteiligung, mehr Geburten, eine bessere Einkommenssicherung für Familien, Fürsorgezeit ermöglichen sowie eine stärkere Erwerbsbeteiligung von Müttern. Mehr Väter in Karenz und gleichzeitig mehr berufstätige Mütter von kleinen Kindern war dem Ziel der besseren Gleichstellung geschuldet.

Einkommenssituation

In Punkto Einkommenssicherheit bei Familien zeigt die Studie, dass sich die Situation tatsächlich verbessert hat. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen von Müttern, die mit einem unter einjährigen Kind im Haushalt leben (Verheirate, unverheiratete Paare sowie Alleinerziehende) stieg von 1.200 Euro im Jahr 2006 auf 1.400 Euro im Jahr 2008 (Zahlen laut Mikrozensus). In einkommensstärkeren Gegenden profitierten die Eltern mehr von der Leistung.

Fürsorgezeit

Eine weitere Intention des Elterngeldes ist es, den sogenannten "Schonraum" für Eltern von Babies zu verbessern. Tatsächlich arbeiten Mütter von Babies (unter einem Jahr) heute weniger (durchschnittlich 3,9 Stunden pro Woche) als noch 2006 (5,5 Stunden). Eine gegenläufige Entwicklung gibt es bei den Müttern von Kleinkindern - hier stieg die Stundenanzahl im gleichen Zeitraum von von 15,5 auf 16,5 Stunden bei zweijährigen Kindern.

Erwerbsbeteiligung von Müttern

Erfolgreich war das Elterngeld auch bei der schnelleren Wiedereingliederung von Müttern in den Arbeitsmarkt. Die Erwerbstätigenquote bei Müttern, deren jüngstes Kind ein Jahr alt ist, stieg von 2006 bis 2011 von 33 Prozent auf 41 Prozent, bei Müttern von Zweijährigen von 42 Prozent auf 54 Prozent. Die Studienautoren weisen allerdings darauf hin, dass der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen einen viel stärkeren Einfluss auf die Berufstätigkeit von Müttern hat als das Elterngeld.

Durch das zeitlich stärker begrenzte Elterngeld (maximal 14 Monate, wenn der Vater auch mindestens zwei Monate nimmt) ergibt sich für Mütter ein stärkerer Anreiz, schon wieder früher in den Job einzusteigen. Dieser Effekt zeigt sich vor allem bei Frauen mit niedrigem Einkommen, niedrigem Bildungsniveau und bei Alleinerziehenden. Sie können es sich schlicht nicht leisten, länger zuhause zu bleiben. Die Studienautoren rund um Martin Bujard kommen zu dem Schluss: "Das Elterngeld normt sozusagen eine einjährige Babypause, während das Erziehungsgeld (Anm.: Leistung vor Einführung des Elterngeldes) eine dreijährige genormt hat."

Väterbeteiligung

Großen Einfluss hatte das Elterngeld auf die Väterbeteiligung in der Babypause. Laut den aktuellsten Zahlen gehen inzwischen 27,8 Prozent der Väter in Karenz. Vor der Einführung 2006 nahmen weniger als vier Prozent der Väter Elternzeit. Allerdings liegt die durchschnittliche Bezugsdauer von Vätern nur bei 3,3 Monaten.

Geburtenrate

Keinen Effekt hat das Elterngeld auf die Geburtenrate in Deutschland. Diese liegt seit knapp vier Jahrzehnten konstant bei 1,3 bis 1,4 Kindern pro Frau. Die Studienautoren halten diese Erwartung auch für vermessen, da eine einzelne Maßnahme nie so einen großen Einfluss auf die komplexe Frage der Familienplanung nehmen könne. Man wisse aus dem internationalen Vergleich, dass nur "ein Zusammenspiel familienpolitischer Maßnahmen – Kinderbetreuung, Ganztagsschulen,
Transferleistungen, Arbeitsmarktpolitik, Zeitpolitik - langfristig positive Effekte auf die Geburtenrate hat".

Bemerkenswert ist der Effekt, dass der Rückgang der Geburtenrate bei Akademikerinnen durch das Elterngeld gestoppt werden konnte. Die Fertilität von über 30-jährigen Akademikerinnen ist in den letzten Jahren sogar noch angestiegen.

Gut für berufstätige AkademikerInnen

Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass das Elterngeld zwar einen einen positiven Effekt auf das Einkommen von Eltern hat, dass es jedoch aufgrund seiner Einkommensabhängigkeit vor allem berufstätigen AkademikerInnen zugutekommt. Von einer "armutsreduzierenden Umverteilung" könne beim Elterngeld nicht die Rede sein. Von besonderer Bedeutung sei jedoch die Botschaft des Elterngeldes, dass Fürsorgearbeit und Erwerbsarbeit gleichwertig sei, "eine elementare Anerkennung für Fürsorgeleistende, die im deutschen Sozialstaat ihresgleichen sucht", so Studienautor Bujard.

Die Elterngeldleistung

Beim deutschen Elterngeld erhalten die BezieherInnen bis zu 14 Monate (davon mindestens zwei vom anderen Elternteil) nach der Geburt 67 Prozent ihres Netto-Letztgehalts, jedoch nicht mehr als 1800 Euro. Nicht-Berufstätige bekommen 300 Euro, die auf andere Sozialleistungen angerechnet werden. In Österreich diente das deutsche Elterngeld als Vorbild: seit 2010 gibt es auch in Österreich das einkommensabhängige Kindergeld mit einer Deckelung von 1800 Euro. Eltern ohne bisheriges Einkommen bekommen für 12+2 Monate 1000 Euro. (red, dieStandard.at, 4.6.2013)