Wien - Das Hochwasser von 2002 galt schon als "Jahrhundertflut", wenige Jahre später werden diese Werte nun oft übertroffen. Ob das mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel zusammenhängt, lasse sich aus wissenschaftlicher Sicht derzeit nicht klar sagen. "Aber gehäufte Hochwasser-Ereignisse sind nicht grundsätzlich etwas Ungewöhnliches", erklärt Hochwasserexperte Günter Blöschl vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der Technischen Universität Wien am Dienstag.

Für den Wissenschafter sind extreme Hochwasserjahre in kurzem Abstand statistisch nicht überraschend. Beim Würfeln sei die Wahrscheinlichkeit, einen Sechser zu bekommen, völlig unabhängig von vorangegangenen Würfelergebnissen, Hochwasserereignisse seien dagegen nicht statistisch unabhängig.

Das Gesamtsystem aus Ozeanen und der Atmosphäre könne jahrelang in unterschiedlichen Zuständen, verweilen, Blöschl spricht von "Regimes", und dann in einen anderen Zustand überwechseln. Wenn sich dieses Gesamtsystem eine Zeit lang in einem Zustand befinde, der Hochwasser begünstigt, treten innerhalb einiger Jahre gehäuft Hochwasserkatastrophen auf. "Und dafür kommt es dann vielleicht in anderen Jahrzehnten kaum zu extremen Hochwassern."

Eine solche Abfolge von hochwasserintensiven und -armen Phasen sei auch schon in der Vergangenheit festzustellen: "Auch Mitte des 16. Jahrhunderts gab es beispielsweise eine hochwasserreiche Phase", sagte Blöschl, der genau solche Phänomene an der TU Wien untersucht.

Projekt "Flood Change"

Konkret untersucht Blöschl seit dem Vorjahr mit Unterstützung eines vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit 2,5 Millionen Euro dotierten "Advanced Grant" die Ursachen von Hochwasserkatastrophen. In dem Projekt "Flood Change" setzen die Wissenschafter ein von ihnen entwickeltes neuartiges Systematisierungskonzept ein. Es geht darum, verschiedene Hochwassersituationen zu vergleichen und die Ähnlichkeiten im Ablauf der Katastrophen zu ergründen. Durch die mathematische Abbildung der Ereignisse soll es möglich sein, die Einflüsse von Landnutzung, Witterung und Wasserwirtschaft zu entflechten.

Aus heutiger Sicht, so betonen sie, lasse sich nicht zuverlässig sagen, inwieweit der Klimawandel an den starken Regenfällen mitverantwortlich ist. Eindeutig sei allerdings, dass die menschliche Landnutzung darüber entscheidet, ob es lokal zu Katastrophen komme. So begünstige etwa das Abholzen von Wäldern Hangrutschungen. Flussbauliche Maßnahmen könnten zwar Überschwemmungen verhindern - oder auch gerade dadurch noch größere Überschwemmungen weiter flussabwärts hervorrufen. (APA, 4.6.2013)