Einmal angesteckt, belastet der Gelsenstecker kontinuierlich die Raumluft.

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Sie arbeiten effizient und geruchlos – Gelsenstecker versprechen störungsfreie Nächte. Das Prinzip ist einfach: In die Steckdose gesteckt, wird eine Anti-Gelsen-Substanz vom Strom erwärmt. Die frei werdenden Dämpfe besitzen eine insektizide Wirkung.

Vergleiche und Tests bescheinigen nur Biozid-Verdampfern auf Basis von Pyrethroiden einen erfolgreichen Kampf gegen die Blutsauger. In Laborversuchen reduzierten die Stecker die Stichbelastung durch Anopheles-Mücken um bis zu 85 Prozent. Ein Erfolg, der umstritten ist, denn Pyrethroide zählen zu den Nervengiften. Die Diskussion über die Gesundheitsgefährdung aus der Steckdose wird seit den 1990er-Jahren geführt, die wissenschaftliche Datenlage ist anhaltend undurchsichtig.

Neurotoxisches Gas

Gesichert ist: Pyrethroide sind synthetische Varianten des natürlich vorkommenden Pyrethrums, einer Substanz, die in den Blütenköpfen von Crysanthemen enthalten ist. Als Prallethrin, Permethrin, Allethrin, Transfluthrin oder Metofluthrin sind sie in handelsüblichen Gelsensteckern und Räucherspiralen zu finden. Ihre neurotoxische Wirkung entfalten sie nur im gasförmigen Zustand.

"Pyrethroide wirken bereits in geringer Konzentration. Sie greifen im Nervensystem der Insekten eine Stelle an, die es bei Menschen und anderen Warmblütern in dieser Form nicht gibt. Bei Insekten lösen sie aber bei ausreichender Einwirkungsdauer eine tödliche Dauererregung der Nervenzellen aus", sagt der deutsche Insektenforscher Andreas Rose. Obwohl der Gelsenxperte die gesundheitliche Gefahr für Menschen insgesamt für gering erachtet – im Kinderzimmer seiner kleinen Tochter verzichtet er trotzdem auf den Einsatz von Gelsensteckern.

Reizung der Atemwege

Unter anderem gibt es nämlich Hinweise, dass Pyrethroide das kindliche Immunsystem beeinflussen könnten. Tierversuche deuten außerdem darauf hin, dass Neugeborene und Säuglinge empfindlicher auf die Insektizide reagieren, weil ihr enzymatischer Stoffwechsel, der dem Abbau von Giftstoffen dient, noch nicht vollständig entwickelt ist.

Sobald der Mückenstecker angesteckt ist, belastet das Insektizid jedenfalls kontinuierlich die Raumluft und kann bei entsprechend hoher Dosierung beim Menschen zu Atemwegsreizungen führen. Vereinzelt wurden auch Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen beobachtet.

Bei chronischer Exposition stehen Mückenstecker unter Verdacht, Herzrhythmusstörungen und Asthma zu induzieren. Über neurologische Wirkungen wird ebenfalls diskutiert. "Die Datenlage ist nicht einfach, Untersuchungen zu Biozid-Verdampfern gibt es nur vereinzelt", sagt der Wiener Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. "Aufgrund der derzeitigen Befunde und Überlegungen gehen die Empfehlungen aber in Richtung Vorsicht."

Raus aus dem Schlafzimmer

Im Sinne eines erholsamen Schlafs empfiehlt der Umweltexperte, sämtliche Raumluftbelastungen aus dem Schlafzimmer möglichst zu verbannen. Wer sich doch für den Gelsenstecker entscheidet, sollte zumindest eine Daueranwendung vermeiden und die Verdampfer nicht zu nahe beim Kopf platzieren, empfehlen Tester der deutschen Stiftung Warentest.

Einmal angesteckt, ist es übrigens mit Ausstecken auch nicht getan. "Einige der Pyrethroide sind sehr langlebig und reichern sich in der Natur an. Bei Messungen von Hausstaub werden häufig Pyrethroide gefunden", warnt das Informationsblatt über Pyrethroide von Greenpeace Österreich. Das Insektenvernichtungsmittel schlummert außerdem in Heimtextilien. Laut Greenpeace werden Wollteppiche damit behandelt, um diese vor Mottenbefall zu schützen.

"Grundsätzlich ist der Einsatz jeglicher Schädlingsbekämpfungsmittel in Innenräumen zu vermeiden", resümiert Hutter. Er will den Einsatz von Pyrethroidverdampfern deshalb auf Notfälle beschränkt wissen. (Gabriela Poller-Hartig, derStandard.at, 6.2013)