Istanbul/Wien - Die Entwicklung der implantierbaren Endoprothesen hat die Operations-Ergebnisse bei Knochenkrebs laufend verbessert. "Die Trendumkehr von Amputationen zu extremitätenerhaltenden Eingriffen hat vor mehr als 30 Jahren eingesetzt, inzwischen wurden Amputationen bei Tumoren in der Nähe des Knies auf einen Prozentsatz von unter zehn Prozent zurückgedrängt", erklärt Reinhard Windhager, Leiter der Orthopädischen Universitätsklinik der MedUni Wien am AKH beim 14. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (EFORT) in Istanbul.

Rekonstruktion nach Krebsoperationen könne nicht mit einem Gelenkersatz etwa in Folge einer Arthrose verglichen werden, weil der durch die Operation entstehende Defekt viel größer ist und folglich auch andere Probleme aufwirft, so Windhager. Das betrifft nicht zuletzt die Konstruktion der einsetzbaren Gelenksprothesen. Zusätzlich kompliziert wird die Lage durch die begrenzten Erfahrungen, denn primäre bösartige Knochentumore sind selten, die Patientenzahlen klein, heißt es von Seiten der Kongressveranstalter.

Infektionen sind das häufigste Problem

Seit kurzem stehen wissenschaftlich publizierte Daten zur Verfügung, die eine Abschätzung der Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme sowie der erzielbaren Ergebnisse ermöglichen. Ein Multicenter-Review, an dem der Wiener Orthopäde beteiligt war, wertete Daten von 2.174 Patienten aus, die nach Krebs-Operationen Endoprothesen erhalten hatten. Aus diesem Kollektiv wurden jene Fälle identifiziert, in denen es zu Problemen mit der Prothese gekommen war. Insgesamt fand die Studie 534 Fälle mit Komplikationen. Die häufigste Ursache waren Infektionen.

Windhager dazu: "Infektionen sind ein zentrales Problem nach der Implantation großer Prothesen. Dazu trägt auch der Zustand vieler Patienten bei, deren Immunsystem oft zusätzlich durch die Chemotherapie beeinträchtigt ist." Ungeachtet der Weiterentwicklungen in der Prothesen-Technik gibt es nach wie vor Patienten, bei denen auch zur Knochentransplantation gegriffen werden muss, um den durch eine onkologische Operation entstandenen Schaden zu begrenzen.

Prothesen, die mitwachsen

Eine besondere Herausforderung stellen Krebsoperationen an Kindern dar, bei denen Knochenkrebs häufiger vorkommt als bei Erwachsenen. Die Chancen für eine vollständige Heilung sind gut. Bei Patienten, die sich noch im Wachstum befinden, sollten implantierte Prothesen idealerweise mitwachsen. "Man kann diese Prothesen mehrfach mittels eines Magneten - also durch die Haut - verlängern. Dazu ist keine neuerliche Operation erforderlich", meint der Experte von der MedUni Wien.

Am Wiener AKH haben seit den 1980er-Jahren 71 Patienten solche mitwachsenden Prothesen erhalten. Nicht ganz geklärt ist, wie es mit den verlängerbaren Prothesen weitergeht, wenn die Betroffenen ihre volle Körpergröße erreicht haben. Aufgrund der hohen Belastungen, denen diese mechanischen Systeme ausgesetzt sind, entschließt man sich in der Regel zur Implantation einer neuen Prothese mit fixer Größe, die dann für die nächsten Jahrzehnte ein weitgehend normales Leben ermöglicht. (APA/red, derStandard.at, 5.6.2013)