Vom Arbeitsaufwand, den ein österreichischer Lehrer hat, kann man nur falsche Vorstellungen haben: Es mag einige geben, die seit Jahrzehnten denselben Stoff vortragen, dieselben Prüfungsaufgaben stellen, nach dem Unterricht heimgehen und sich auf den nächsten langen Urlaub, der mit der österreichischen Ferienregelung nie allzu lang auf sich warten lässt, freuen. Es gibt auch andere, die in überfüllten Klassen Schülern mit mangelhafter Disziplin oder mangelhaften Sprachkenntnissen oder beidem gegenüberstehen, sich damit abplagen, für diese schwierige Zielgruppe einen spannenden Unterricht zu gestalten und sich in jeder freien Minute fortzubilden.

Ganz repräsentativ sind beide Bilder nicht: Lehrer gerecht zu bewerten, gerecht zu bezahlen und dabei das Ziel, ein höheres Bildungsniveau für Österreich, nicht aus dem Auge zu verlieren, erfordert eine differenzierte Betrachtung. Man kann nicht alle Lehrer über einen Kamm scheren - was die ÖVP nach offenbar heftigem Lobbying der Lehrergewerkschaft erkannt hat.

Sie hat ein Konzept für das neue Lehrerdienstrecht mit einem sehr differenzierten Ansatz - und jeder Menge Verhandlungsspielraum - vorgelegt. Es verlässt die starre Regierungsposition, was im Sinne der Lehrer ist. Und das ist auch im Sinne des Koalitionspartners SPÖ: Sie will das Lehrerdienstrecht endlich verabschieden - das könnte als Erfolg des Kabinetts Faymann verbucht werden. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 6.6.2013)