Er wittert überall Verschwörungen. Für den slowenischen Ex-Premier Janez Janša wird vieles von einer geheimen Ebene gesteuert. In Janšas Welt wimmelt es nur so von kommunistischen Agenten, die ihn, wie im früheren Jugoslawien, zur Strecke bringen wollen. Er selbst fühlt sich als Opfer einer politischen Justiz und vergleicht sich mit der ukrainischen Politikerin Julia Timoschenko.

Das Problem ist allerdings tiefgehender als die psychische Verfasstheit eines Politikers. Denn Janša steht auch beispielhaft für den Zustand der slowenischen Gesellschaft. Er hat keine Achtung vor den Urteilen eines Gerichts, wie man am Mittwoch an seinen Reaktionen sehen konnte. Und auch ein sehr großer Teil der Slowenen hat kein Vertrauen in Rechtsstaat und Politik. Erschreckend viele glauben an Verschwörungstheorien, ähnlich wie Janša, wenn auch oft mit anderen Vorzeichen. So gab die Mehrheit der Befragten vor dem Urteil im Patria-Korruptionsprozess an, sie würden nicht glauben, dass Janša verurteilt werde, denn die Justiz sei politisch. Es kam anders.

Doch auch wenn das Urteil konträr ausgefallen wäre, so hätte dies den Argwohn vieler Menschen bestätigt: weil sie so oder so verunsichert sind. Politiker wie Janša haben (noch) nicht verstanden, welchen Schaden sie mit ihren Verschwörungstheorien anrichten. Dabei braucht Slowenien gerade jetzt, in der tiefen politischen und ökonomischen Krise, Vertrauen - und keine paranoiden Fantasien. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 6.6.2013)