Im Alltag könnte sich die Kamera bewähren: Ampeln, Verkehrszeichen und Lebensmitteletiketten könnten sehbeeinträchtigen Personen vorgelesen werden

Foto: YouTube/OrCam

Ein israelisches Startup hat ein Gerät entwickelt, das sehbeeinträchtigen Menschen das Leben massiv erleichtern könnte. Die Kamera, die an eine Brille montiert wird, soll einerseits das Lesen ermöglichen und andererseits dadurch die Hände freihalten. Die Lebensqualität von Betroffenen könnte dadurch deutlich verbessert werden.

Sehschwächen ausmerzen

Bisherige Geräte, die zu diesen Zwecken eingesetzt wurden, mussten immer mit den Händen gesteuert werden. Auch Apps für Smartphones haben es nicht geschafft, alle Funktionalitäten zu implementieren, die Sehschwächen ausmerzen konnten. Die sogenannte OrCam hingegen ist an eine Brille montiert und ist via Kabel mit einem Gerät verbunden, das laut New York Times bequem in die Tasche passt.

Kein Fixverbau

Die OrCam kann zudem jederzeit auf eine andere Brille montiert werden, da es sich nicht um eine dauerhafte Installation wie bei Google Glass handelt. Als Befestigung dient nämlich ein Magnet. Wie bei Googles Produkt wird Ton über Knochen weitergeleitet, wenn das Gerät dem Anwender Geschriebenes vorliest.

2.500 Dollar

Speziell optimiert wurde die Brille im Hinblick auf das Gelesene. So soll das Gerät Busnummern, Verkehrstafeln und Ampeln und auch Gesichter von Freunden erkennen. Die vorerst auf das Englische limitierte Ausgabe soll noch diese Woche für 2.500 US-Dollar über die Website des Unternehmens verfügbar sein.

Kameraspezialisten im Einsatz

Gegründet wurde OrCam bereits vor einigen Jahren von Amnon Shashua, einem Wissenschaftler und Professor der Hebrew University. Er hat sich auf Algorithmen für Computer Vision spezialisiert und sich mit einem Kollegen und Studenten zusammengeschlossen. Shashua war bereits in die Entwicklung von Mobileye involviert, einer Kameratechnologie, die Autos selbstständiges Fahren ermöglicht.

Kompromisse eingehen

MIT-Wissenschaftler Tomaso Poggio bezeichnete das System als "sehr beeindruckend", da es vom User lernen würde. Zudem erlaube der gute Algorithmus und die ausgereifte Technologie eine erstaunliche Leistung. In einem wissenschaftlichen Paper aus dem Jahr 2011 erklären die Studienautoren die technischen Details zu OrCam und zeigen, dass ein Kompromiss zwischen Performance und Genauigkeit bei der Erkennung der Schrift nicht unbedingt ein schlechtes System hervorbringt.

Verbesserungsmöglichkeiten

Damit der User das Gerät verwenden kann, muss er nur mit seinem Finger auf das Zielobjekt zeigen. Gelesene Objekte können in eine Bibliothek gespeichert werden, indem man mit der Hand winkt. Die schwierigste Aufgabe sei laut Shashua die Erkennung von Text in schlechten Lichtverhältnissen und auf biegsamen Oberflächen – beispielsweise Zeitungen. Das Gerät soll vorerst deshalb nicht an blinde Menschen, sondern an stark in ihrer Sehkraft eingeschränkte Personen verkauft werden. (red, derStandard.at, 6.6.2013)