"Gute Qualität zu verkaufen ist zumindest in Österreich nicht einfach", meint Bio-Fleischer Roman Schober.

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Seltene Nutztierrassen wie das Turopolje-Schwein werden zu...

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... Schinken, Osso Collo, Speck oder...

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... Salami verarbeitet.

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Im Keller der Burgruine aus dem 11. Jahrhundert reifen die guten Stücke etwa 10 Monate.

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Seit 2006 züchtet Willi Klaffl Waldviertler Blondvieh und ...

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...Waldschafe.

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"Das beste Futter für die Tiere wächst auf der Weidefläche", ist Bio-Landwirt Klaffl überzeugt.

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Die Thermobox hält das Fleisch garantiert 36 Stunden frisch. Der Versand ist immer donnerstags - die Zustellung erfolgt innerhalb von 15 bis 19 Stunden.

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Die liebe, gute Großmutter ist zum Synonym für altbackene Begriffe wie "Vertrauen", "Qualität" und "Tradition" avanciert. - Zumindest wenn es ums Essen geht. Wie kann es sonst sein, dass "die Sehnsucht nach Omas Kuchen und der damit verbundenen guten alten Ernährungsform" Anfang Juni 2013 bei einem Ernährungssymposion in Wien zum Leitmotiv avancierte? Ulrich Nöhle von der TU Braunschweig lieferte auch gleich die passende Erklärung dazu: "Der Anspruch an sich selbst und an die Nahrungsproduktion überfordert viele Konsumenten. Beim vielfältigen Angebot scheint es nahezu unmöglich zu sein, den Überblick über Herstellungsweisen, Qualität und Herkunft zu bewahren", so der Lebensmittelchemiker.

Diese Verunsicherung scheint besonders im urbanen Raum auf fruchtbaren Boden zu fallen. Wenig Nahversorger abseits der dominanten Supermarktketten und kaum Wochenmärkte, die diese Bezeichnung auch verdienen, gestalten die Suche nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln regionaler Herkunft schwierig. Letztendlich kommt der bequeme Stadtbewohner nicht umhin, sich selbst auf die Suche zu machen oder Eigeninitiative zu zeigen. Was das Angebot an ökologisch angebautem und regional gewachsenem Obst und Gemüse betrifft, bietet hier die wachsende Anzahl an Lebensmittelkooperativen und Community Supported Agricultures (CSA) bereits Alternativen zur konventionell-industriellen Herstellung.

Fressmentalität

Beim Fleisch gestaltet sich die Jagd nach vertrauenswürdigen Produzenten ungleich schwieriger: So existierten vor etwa 50 Jahren alleine in Wien noch rund 2.100 Fleischerbetriebe. 2012 waren es nur mehr 159, davon schlachtet lediglich ein einziger Fleischer auch selbst. Doch es gibt sie nach wie vor - die kleinen Manufakturen, die im Gegensatz zur Industrie ein "Gesicht" haben. Beispielsweise den niederösterreichischen Metzger Roman Schober, der in Gars am Kamp die gleichnamige Schlachterei bereits in siebter Generation weiterführt.

Seit 1998 produziert er ausschließlich biologische Ware - ein Nischenprodukt wie er selbst sagt: "Das ist nicht - wie manche glauben - eine g'mahte Wies'n. Wir wissen, dass wir eine hochwertige Ware haben, aber gute Qualität zu verkaufen ist zumindest in Österreich nicht einfach." Daran wird sich seiner Meinung nach nicht so schnell etwas ändern, "schließlich hat sich in den vergangen Jahren auch hierzulande die Fressmentalität stark verbreitet".

Stressfreie Schlachtung

Tatsächlich war Fleisch war noch nie so billig wie heute, das nicht selten als Mittel zum Zweck dient, um Kundinnen und Kunden in die Supermärkte zu locken. Schobers Produktpalette sucht man hier allerdings vergeblich: "Es gab zwar Verhandlungen mit Lebensmittelkonzernen, aber das macht für uns keinen Sinn", sagt der Fleischermeister. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen hat sich Roman Schober auf seltene Tierrassen wie dem Turopolje-Schwein oder dem Waldviertler Blondvieh spezialisiert, die zwar eine erstklassige Qualität bieten, aber "von der Rendite immer etwas problematisch sind", da sie im Vergleich zum klassischen Hausschwein oder Fleckvieh weitaus weniger Fleisch liefern. Auf der anderen Seite ist die Schlachtung ein Kostenfaktor, der in der industriellen Verarbeitung so gering wie möglich gehalten werden soll. Schober weiß wovon er spricht, schließlich hat er selbst vier Jahre lang in einem Massenbetrieb gearbeitet. "Während dieser Zeit habe ich viel kennengelernt und bin zu dem Schluss gekommen: 'Das ist nicht mein Metier - das sollen andere machen'."

Letztendlich ist die Schlachtung ein wesentlicher Faktor, der sich massiv auf die Fleischqualität auswirkt: "Wenn die Tiere unter Stress stehen, kann all das, was bei der Aufzucht vorbildlich und richtig gemacht wurde, sehr schnell zerstört werden", ist Roman Schober überzeugt. Deshalb werden die Tiere am Vortag der Schlachtung geliefert und übernachten dann im Stall der Fleischerei, um sich vom Transport erholen zu können. Geschlachtet wird jeweils am Dienstag in der Früh - im Schnitt etwa 15 Schweine und zwei Rinder.

Weideflächen gegen Hochwasser

Die Tiere, die Roman Schober zu Speck, Osso collo oder Salami verarbeitet, stammen von etwa 30 kleinbäuerlichen Bio-Betrieben, die sich der Aufzucht seltener Nutztierrassen verschrieben haben. - Willi Klaffl ist einer davon: Rund 100 Waldschafe und 15 Stück Blondvieh hat er auf insgesamt sechs Weideflächen mit einer Größe von jeweils sieben Hektar verteilt. Bis 2006 arbeitete der Kleinbauer bei der Münze Österreich. Ein Jahr zuvor erfuhr er, dass das Land jemanden sucht, der das Hochwassergebiet im Kamptal beweidet. "Obwohl ich meine Arbeit als Maschinenbauer immer gern gemacht habe, habe ich den Sprung in die Landwirtschaft gewagt. Im Großen und Ganzen habe ich diesen Schritt nicht bereut, auch wenn ich jetzt mit einem Viertel von dem auskommen muss, was ich früher verdient habe", so Klaffl.

Für Laien sieht das Gebiet wie eine wild wuchernde, unkultivierte Wiese aus. "Tatsächlich ist das hier aber total strukturiert", schwärmt der Bio-Bauer. Eine Mischung aus kurz- und langrasigen Teilen, die nur durch die Beweidung entstehen kann. "Wenn ich da mit einer Maschine drüberfahre, ist alles weg, was natürlich gewachsen ist. Damit zerstöre ich auch die Vielfalt an Lebensräumen für Insekten und Vögel", erklärt Klaffl.

Sogenannte "Tierfreunde" stoßen sich mitunter daran, dass Waldschaf und Blondvieh rund acht Monate im Jahr ausschließlich im Freien verbringen. "Die Tiere essen, trinken und schlafen wann sie wollen. Wenn es regnet, finden sie Schutz unter Bäumen und Stauden. Manche wollen aber nicht verstehen, dass wirklich artgerechte Haltung so aussieht", sagt Willi Klaffl.

Porcella - Ferkelchen für den Stadtmensch

Bislang war das Fleisch der seltenen Nutztierrassen nur über den Bio-Großhandel sowie in ausgewählten Feinkostläden und Gastronomiebetrieben erhältlich. Neuerdings können Blondvieh und Co auch über die Internetplattform "Porcella" bestellt werden. Einmal pro Woche werden Schinken, Speck, Würstel und Fleisch in Thermoboxen verschickt. Ab einer Bestellsumme von 90 Euro ist der Versand kostenlos - geliefert wird immer freitags zwischen 8 und 10 Uhr, zumindest in den Landeshauptstädten (in alle anderen Regionen Österreichs zwischen 8 und 12 Uhr).

Für einen etwas "bitteren" Nachgeschmack sorgt einzig und allein die Kunststoffverpackung, mit der Fleisch, Wurst, Schinken und Speck von der Außenwelt abgeschottet werden. - Ein Umstand, den auch der Bio-Fleischer Schober bedauert: "Durch die strengen Hygienebestimmungen bleibt uns nichts anderes übrig als unsere Produkte auf diese Art zu verpacken. Gäbe es eine Alternative würden wir sie sofort nutzen, denn mir blutet ja selbst das Herz, wenn ich den vielen Verpackungsmüll sehe." (Günther Brandstetter, derStandard.at, 14.8.2013)