Bild nicht mehr verfügbar.

Wohnen ist längst zum Wahlkampfthema geworden. Die Wiener Roten wollen der Bevölkerung vermitteln, dass sie alles unter Kontrolle haben - innerhalb und außerhalb des Gemeindebaus.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Wien - Fairmieten heißt die Broschüre, die der Wohnbaustadtrat derzeit an alle Wiener Haushalte schicken lässt. Sie soll, so Michael Ludwig (SP), die Wiener umfassend zum Thema Mieten und Wohnen informieren. Dabei wirkt das achtseitige Druckwerk auf den ersten Blick wie ein offizielles Schreiben: Ähnlich wie die Wahlinformation, die kurz vor jedem Urnengang ins Haus flattert, muss der Brief erst an der seitlichen Perforation aufgerissen werden.

Wohnen als Wahlkampfthema

Über dem in Rot-Schwarz gehaltenen Titel prangt die Aufschrift "Amtliche Mitteilung". Im Inneren mutet das Ganze allerdings eher wie eine Wahlwerbebroschüre an: Zwei lächelnde Gesichter - Bürgermeister Michael Häupl und Wohnbaustadtrat Ludwig -, umgeben von viel Lob für die Wiener Wohnpolitik.

So wird die Bevölkerung etwa darüber informiert, dass die Stadtregierung "vehement ein transparentes, zeitgemäßes Mietrecht fordert, dieses aber auf Bundesebene beschlossen werden muss". Gleichzeitig hebt man hervor, dass "60 Prozent aller Wienerinnen und Wiener in sozial geförderten Wohnungen leben, für die strengste gesetzliche Mietzins-Obergrenzen gelten. Sie können daher niemals Opfer ungerechtfertigter Mietkosten werden." Wohnen wird im Nationalratswahlkampf zunehmend zum Thema - und die SPÖ will den Wienern offenbar vermitteln, diesbezüglich alles unter Kontrolle zu haben.

Schaden in Millionenhöhe

Die mutmaßlichen Betrugsfälle, die kürzlich bei Wiener Wohnen bekannt wurde, blenden die Wiener Roten dabei freilich aus. Im Zusammenhang mit Sanierungsarbeiten liegt nicht nur eine Anzeige gegen Handwerksfirmen vor, auch gegen den Direktor der Gemeindebauverwaltung, Josef Neumayer, wird ermittelt. Er soll verwandtschaftliche Beziehungen zu einer der Firmen haben. Die Handwerksbetriebe werden verdächtigt, Wiener Wohnen bei Sanierungen zu viel verrechnet zu haben. Fünf Wohnungen wurden bereits von Experten überprüft, der Schaden dürfte in die Millionen gehen.

Fairmieten-Broschüren um 600.000 Euro

Für die Fairmieten-Broschüre gibt das Wohnbau-Ressort 600.000 Euro aus. Sie beinhaltet auch einen Fragebogen zur Wohnzufriedenheit, den die Wiener ausgefüllt zurückschicken sollen. Dabei handelt es sich laut Ludwig um Österreichs größte Wohnbefragung. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, künftig "noch besser auf die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung einzugehen".

Das Fairmieten-Projekt wurde mit den Stimmen von SP und Grünen im Wohnbauausschuss beschlossen. Die Beweggründe der Grünen zur Zustimmung sind laut Wohnbausprecher Christoph Chorherr schnell erklärt: "Es war der Wunsch des Wohnbaustadtrats." Im Gegenzug poche man im eigenen Ressort (Planung und Verkehr) auf "Eigengestaltungsrecht". (Martina Stemmer, DER STANDARD, 7.6.2013)