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Auf dem Holzweg nach einem Abflug aus der Kurve.

Foto: dpa

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Flach wie ein Burger, nach einem Sturm auf Mallorca.

Foto: apa/richter

Ein Sattelschlepper verwandelte diesen einst stolzen Dienstwagen in einen Kleinwagen.

Foto: gaulke

Ein Traktor, von einem Pkw an der Kreuzung separiert.

Foto: gaulke

Jeder Verkehrsunfall ist eine Tragödie. Oder ein Schweizer Käse - zumindest für den Wissenschaftler James T. Reason. Der Psychologieprofessor der Universität von Manchester veröffentlichte Anfang der 1990er eine Theorie zur Unfallentstehung, in deren Zentrum ein aufgeschnittener Emmentaler steht.

Die einzelnen Scheiben mit ihren unterschiedlich großen Löchern seien, so Reason, jene Verteidigungsmauern, die ein Mensch gegen einen Unfall aufbaut. Bei einer einzigen Scheibe sei es leicht, durch eines der Löcher durchzuschießen.

Also schlichtet der sicherheitsbedachte Autofahrer mehrere Sicherheitskäsescheiben auf: Er kauft sich einen Wagen mit zehn Airbags. Er trinkt keinen Alkohol, bevor er in seinen Wagen steigt. Er fährt nur bei trockenen Straßen. Er lässt sich nicht vom Idioten, der ihm hinten auffährt, provozieren. Je mehr Scheiben er auf dem Stapel auflegt, umso geringer wird die Gefahr für einen Durchschuss, also einen Unfall.

Auch wenn mehrere der Schutzschichten wegfallen (doch etwas getrunken, doch bei Regen gefahren), muss es der Zufall wollen, dass die restlichen Verteidigungskäsescheiben so übereinanderliegen, dass sich ein Loch auftut, das durch den ganzen Block geht. Es gibt also, so Professor Reasons Conclusio, nicht den einen Auslöser für einen Verkehrsunfall. Vielmehr müssen viele unterschiedliche Ursachen schicksalhaft zusammenpassen. Und manchmal kommt einfach nur Pech dazu.

Chronik des Unglücks

Eher wenig Glück haben wohl einige gehabt, die ihre devastierten Fahrzeuge nun in dem Fotoband "Noch mehr Pleiten, Pech und Pkw" versammelt sehen. Riesige Löcher in der Straße, die ganze Vehikel verschlucken, Unwetteropfer, die von einem Baum pittoresk geplättet wurden, die klassisch Unschuldigen, die arglos an der Kreuzung und irgendeinem Tiefflieger im Weg standen.

Bei anderen sind die Käsescheiben nachgerade perfekt übereinandergerutscht und haben faustgroße Löcher freigegeben. Dann etwa, wenn der Wagen in einer leeren Parkgarage punktgenau in einem Betonpfeiler abgestellt wird, wenn die Kurve zu eng war und der Abflug in einem bizarren Bild mit dem Motiv "Auto auf Einfamilienhausdach" endet. "111 kuriose Verkehrsunfälle", so der Untertitel, hat Ulf Kaack in seiner Crash-Dokumentation versammelt.

Keine Schockbilder

Wie bereits im ersten Band dieser Unfallserie, den Thomas Gaulke kompilierte, setzt sich der Autor nicht dem Verdacht aus, eine gehässige, auf 95 Seiten ausgewalzte Schenkelklopfer-Serie auszubreiten. Kaack hat nicht bluttriefende Schockbilder zwischen zwei Buchdeckel gepackt und streift auch nicht bei den im Internet kursierenden, teils schwer ungustiösen Bilder- und Video-Compilations an - je spektakulärer es da einen auf die Pappn haut, umso größer ist der viral aufgeputschte Spott.

Kuriositätenkabinett

"Noch mehr Pleiten, Pech und Pkw" hingegen ist ein kurzweiliges Kuriositätenkabinett des Scheiterns. So noch nie gesehene Blechschäden wechseln sich mit letalen Kunstwerken ab, die nach dem großen Crash gleich Mahnmalen zurückbleiben. Die Bildtexte sind schwungvoll, mit zarter Ironie geschrieben und gleiten nicht ins Banale ab.

Wer also erfahren will, was passieren kann, wenn sich die Emmentalerscheiben-Theorie des James T. Reason durchsetzt, findet in "Noch mehr Pleiten, Pech und Pkw" ein unterhaltsames Bilderbuch ohne fiesen Schadenfreude-Alarm. (ssc, derStandard.at, 20.6.2013)