Bild nicht mehr verfügbar.

Philippinische Kinder bei einer Demonstration gegen Kinderpornografie. Diese hat sich über das Internet in den vergangenen Jahren explosionsartig ausgebreitet.

Foto: EPA/Sabangan

Wann immer ein Ring von Kinderpornografiehändlern im Internet auffliegt und Details über den damit verbundenen Missbrauch von Minderjährigen bekannt wird, ist die Bestürzung in der Öffentlichkeit groß. Danach wird schnell wieder der Teppich des Schweigens darüber gebreitet. Es ist ein Thema, über das man sich lieber keine Gedanken macht.

"Crime against Children"

Der Ire Michael Morton braucht nicht viele Worte, um zum Punkt zu kommen: "Hören Sie auf damit, es Pornografie zu nennen. Was es hierzu im Internet zu sehen und zu kaufen gibt, ist der Beweis entsetzlichster Verbrechen", sagt der Chef der Interpol-Abteilung "Crime against Children", Gastredner einer Veranstaltung der Messaging, Malware and Mobile Anti-Abuse Working Group (M3AAWG) in Wien, einer von der IT-Industrie gesponsorten Organisation. Dass wir nicht darüber reden wollen, leiste den Tätern letztlich Vorschub.

Das Internet habe die Verfügbarkeit von Bild- und Videomaterial explosionsartig anwachsen lassen. Es reiche vom einfachen "Posen" bis hin zur brutalen Vergewaltigung von Kindern, die teilweise noch nicht einmal sprechen können. Interessenten fänden über das Web nicht nur einfacher Zugang zum Material, sie begegneten dort auch Gleichgesinnten, die sie in ihrem Verhalten bestätigten.

Konsum weiter verbreitet als angenommen

Dass der Konsum von kinderpornografischen Darstellungen weiter verbreitet ist, als man gern glaubt, daran lässt Morton keine Zweifel. Und es werde in vieler Hinsicht auch wenig getan, das zu unterbinden. Bei einer Studie habe sich so zum Beispiel gezeigt, dass nur eines von 1000 Unternehmen entsprechende Filter für die Internetnutzung eingebaut hatte. "Auch Ihre Angestellten schauen sich über Ihr Firmennetz entsprechendes Material an und masturbieren dazu", provoziert er die Zuhörer.

Seit 1997 beschäftigt sich Morton mit der Bekämpfung sexueller Ausbeutung von Kindern. Er hat Unvorstellbares gesehen. Für Politiker von Parteien, die den Besitz kinderpornografischen Materials für legitim halten, hat er kein Verständnis: "Die lebenslangen physischen und psychischen Folgen, wenn Kinder zu diesen Aufnahmen gezwungen werden, sind unermesslich."

Täter im Umfeld der Kinder

Wie sich diese Verbrechen bekämpfen lassen? Seit einigen Jahren versuchen die Polizeibehörden durch die Identifizierung der abgebildeten Kinder an die Täter zu kommen. Diese finden sich zu fast 90 Prozent in der Familie oder im Umfeld des missbrauchten Kindes. Gesetzt wird auch auf die Unterstützung der Internetprovider, die das Material herausfiltern und entfernen.

Unerlässlich findet Morton auch weltweit operierende Hotlines wie jene des Inhope-Netzwerks, bei denen anonym Beobachtungen gemeldet werden können. Beim Österreich-Ableger Stopline.at gingen heuer bereits 1589 Meldungen ein, 657 erwiesen sich als zutreffend. "Denken Sie immer an die Kinder, die auf diesen Bildern zu sehen sind", appelliert Morton. (Karin Tzschentke, DER STANDARD, 7.6.2013)