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Experten hatten damit gerechnet, dass die Arbeitslosenquote gleich bleibt.

Foto: Reuters/Mike Segar

Washington/Wien – Die US-Notenbank Fed hat in den vergangenen Tagen einiges an Volatilität in die Finanzmärkte gebracht. In Nacht auf Freitag ist der Dollar gegen einen Korb von Währungen wichtiger Handelspartner stark gefallen. Vor allem gegen den japanischen Yen wertete die Leitwährung damit um knapp fünf Prozent in der vergangenen Woche ab. "Im Fokus steht derzeit die Fed", sagt Luca Paolini, Chefstratege von Pictet Asset Management. "Die Märkte sind in den vergangenen sechs Monaten von der Zentralbank-Liquidität getrieben worden."

Die Möglichkeit eines plötzlichen Endes des Gelddruckens in den USA (aktuell kauft die Fed 85 Milliarden Dollar an Staats- und Immobilienpapieren im Monat) hat zuletzt aber für Unsicherheiten gesorgt. Im Mai haben die globalen Anleihenmärkte einen der heftigsten Kursverluste seit 1985 erlebt, sagt Bank-of-America-Analyst Michael Hartnett. Zudem hätten Anleihenfonds so heftige Abflüsse erlebt wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr.

Am 18. und 19. Juni treffen sich die obersten US-Notenbanker, um die künftige Strategie der Fed zu besprechen. Einer der wichtigsten Diskussionspunkte werden dabei die Arbeitsmarktdaten von Freitag sein. Laut Informationen des Bureau of Labor Statistics haben im Mai 175.000 Amerikaner einen Job gefunden, etwas mehr als von Analysten erwartet.

Paradoxe Börsenreaktion

Dabei ist die Lage durchaus paradox. Die relativ schwachen Arbeitsmarktdaten wurden an den Börsen von so manchem Analysten positiv aufgenommen. Sie hoffen, dass die US-Notenbank wegen der schwächeren Daten länger aufs geldpolitische Gaspedal drückt. Mit gerade einmal 175.000 neuen Jobs bleibt der US-Arbeitsmarkt angeschlagen. "Nichts in diesem Arbeitsmarktbericht gibt Anlass dafür, dass die Notenbank ihren Kurs ändern sollte", sagte Ökonom Gary Thayer von Wells Fargo Advisors. Insbesondere die gestiegene Arbeitslosenquote gebe der Fed keine Argumente dafür an die Hand. Die Arbeitslosenrate ist leicht gestiegen, auf 7,6 Prozent.

Dazu kommen strukturelle Schwächen, die sich hinter den Schlagzeilen verbergen. 4,4 Millionen Amerikaner sind bereits länger als ein halbes Jahr arbeitslos, knapp drei Millionen mehr als vor der Krise. Die Beteiligungsrate, also der Anteil der Amerikaner, die nach Arbeit suchen oder Arbeit haben, liegt gerade mal bei 63,4 Prozent, nahe einem 34-Jahres-Tief. Vor einem Jahr waren es 63,8 Prozent, vor fünf Jahren sogar 66,1 Prozent. Dass nach wie vor viele Amerikaner nicht mehr nach einem Job suchen, zeigt, dass die Beschäftigungssituation angespannt bleibt.

Für den Pictet-Ökonomen Paolini steht daher auch fest, dass sich Investoren nicht zu sehr auf weitere Anleihenkäufe in Form von Quantitativer Lockerung (Quantitative Easing, QE) versteifen sollte: "Wenn jedes Jahr mehr QE gemacht wird, wird der Effekt immer kleiner." Hingegen sollte man stärker darauf achten, dass auch Unternehmen mehr Vertrauen in einen Aufschwung fassen und expandieren, etwa in neue Fabriken investieren.

Doch "die Investitionsquote in den USA ist extrem niedrig", sagt Paolini. Tatsächlich muss die Fed mit einem Auseinanderklaffen kämpfen. "Das Konsumentenvertrauen ist auf dem höchsten Stand seit fünf Jahren, Unternehmensvertrauen in der Industrie aber auf dem niedrigsten Stand seit 2009", warnt Paolini. Gerade die Unsicherheit um die Steuerpolitik wirke dabei negativ auf neue Investitionen. Doch ohne sie "kann die Wirtschaft langfristig nicht produktiver werden". (sulu, DER STANDARD; 8.6.2013)