Luxemburg - Die EU-Innenminister haben am Freitag in Luxemburg zentrale Rechtsakte zum gemeinsamen europäischen Asylsystem beschlossen. Sie nahmen Richtlinien zu gemeinsamen Aufnahmebedingungen, Mindeststandards in den Asylverfahren sowie die geänderte Dublin-Verordnung für Rücküberstellungen von Asylwerbern an, hieß es in Ratskreisen.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach von einem ganz großen Schritt und sagte, Österreich habe diesbezüglich keine Neuerungen oder Korrekturen vorzunehmen. Andere EU-Staaten hätten Nachholbedarf.

Zugang zum Arbeitsmarkt

Die gemeinsamen Aufnahmebedingungen sehen vor, dass EU-Staaten Asylbewerbern nach neun Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt gewähren müssen. Asylbewerber müssen Zugang zu Unterkünften, Nahrung sowie zu medizinischer und psychologischer Betreuung haben. Minderjährigen muss Zugang zur Schulbildung garantiert werden. Asylverfahren müssen im Normalfall binnen sechs Monaten abgeschlossen werden, die EU-Staaten müssen Rechtsmittel gegen eine Entscheidung garantieren.

"Bei uns in Österreich gibt es bereits einen Arbeitsmarktzugang nach drei Monaten", sagte Mikl-Leitner. Dieser Arbeitsmarktzugang wird allerdings durch einen Erlass des Innenministeriums auf einige wenige Berufe eingeschränkt. Auch bei der Verfahrensdauer sei Österreich schon sehr gut unterwegs, meint die Ministerin. "Über 80 Prozent aller Verfahren wicklen wir in sechs Monaten ab. Aber wir wollen noch besser werden." Möglich werde dies durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das seine Tätigkeit am 1. Jänner 2014 aufnimmt.

EU-Datenbank für Fingerabdrücke

Einigkeit besteht außerdem über die Eurodac-Verordnung, in der die Nutzung der EU-Datenbank für Fingerabdrücke von Asylbewerber geregelt wird. Sie soll formal am 20. Juni vom Ministerrat beschlossen werden.

Polizeibehörden erhalten Zugriff auf Datenbank

Die Polizeibehörden und Europol erhalten durch die Änderung Zugriff auf die Eurodac-Datenbank. Sie sollen die Daten nur bei Verfolgung von Terrorismus sowie besonders schwerer Straftaten einsehen dürfen. Die Speicherdauer beträgt nach Asyl- oder Schutzgewährung drei Jahre. Nach der geänderten Dublin-Verordnung bleibt der EU-Staat der ersten Einreise zuständig für Rücküberstellungen. Neu geschaffen wird ein Frühwarnmechanismus zur Unterstützung besonders belasteter EU-Staaten.

Das Europaparlament dürfte kommenden Mittwoch in Straßburg die Richtlinien und Verordnungen beschließen, nachdem informell bereits eine Einigung mit den EU-Staaten erzielt wurde. Mit einem Inkrafttreten der neuen Standards wird voraussichtlich Ende 2014 gerechnet.

Schengen-Reform abgesegnet

Die EU-Innenminister haben am Freitag auch die Schengen-Reform offiziell abgesegnet. Neu geschaffen wird damit ein Notfallmechanismus, der Schengen-Staaten die Wiedereinführung der Binnen-Grenzkontrollen bis maximal zwei Jahre erlaubt, wenn die EU-Außengrenze durch ein anderes Schengen-Land dauerhaft und ernsthaft nicht gesichert werden kann.

Weiterhin können die Schengen-Staaten bei Bedrohungen für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit ohne Konsultation bis zu zehn Tage lang wieder ihre Grenzen kontrollieren. Bei vorhersehbaren Ereignissen, wie Sportveranstaltungen, ist dies sogar bis zu 30 Tage möglich. Maximal dürfen diese Grenzkontrollen auf sechs Monate verlängert werden, wenn die EU-Kommission informiert wird. (APA, 7.6.2013)